Kama-Manas

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Kama-Manas entspricht in der indisch-theosophischen Terminologie annähernd dem, was wir als Ego bezeichnen oder als das niedere Ich des Menschen, wie es in der Verstandesseele lebt. Indem sich Manas, das höhere Selbst mit Kama, der astralen Wunsch- oder Begierdensubstanz, umhüllt, entsteht durch Kama-Manas das Ich des Menschen:

"Dem indischen Schüler wurde die Menschengestalt, das Urbild, im oberen Devachan klar wahrnehmbar. Dann umhüllte es sich im niederen Devachan mit einer astralischen Hülle, die in sich die Kräfte hatte, Liebe zu entwickeln. Die Liebe, den Eros, nannte man Kama. So bekommt Kama einen Sinn für die Erdentwickelung. Es kleidet sich das göttliche Wort, das Brahman, im Kama, und durch das Kama hindurch tönte dem Schüler das Urwort heraus. Kama war es, in das sich Manas kleidete, das war das Ich." (Lit.: GA 106, S. 58)

Im Zuge der Entwicklung richtete sich Kama-Manas, die Verstandesseele, immer mehr darauf aus, bloß die niedern animalischen Bedürfnisse zu befriedigen. Diese Entwicklung begann schon in der Verfallszeit der ägyptischen Kultur:

"Was ihre chaldäischen Vorgänger auf himmlische Zusammenhänge beschränkten, das zogen die ägyptischen Weisen in den Dienst mehr und mehr irdisch werdender Angelegenheiten und animalischer Bedürfnisse; sie stellten die manasische Wesenheit in den Dienst der Materie. Eben das ist der Charakter der Verstandesseele, daß sie die manasische Weisheit benützt und damit äußere Bedürfnisse und Wünsche zu befriedigen sucht. Heute ist diese Entwickelung, die ägyptische Finsternis, die Manasverfinsterung, noch viel weiter gediehen. Kama Manas nennt man in der Theosophie eine solche Verbindung höheren Bewußtseins mit tierischen, irdischen, materiellen Zwecken. Eine Verunreinigung heiliger Dinge sahen die alten Religionen darin, wenn der Mensch sein höheres Geistesvermögen in den Dienst der niederen Naturbedürfnisse stellte. Die Bezeichnung Ägypten ist das Symbol für solchen Abfall; denn in Ägypten geschah es zuerst im großen Stile. Der Auszug (der Israeliten) ist zugleich der Auszug von Manas in die höhere Wirklichkeit." (Lit.: GA 094, S. 265)

Diese fortschreitende Entwicklung birgt große Gefahren in sich, denn Ahriman ist bestrebt, das auf die sinnliche Welt gerichtete kama-manasische Denken des Menschen vom Werkzeug des physischen Gehirns loszulösen und für sich zu gewinnen. Diese Schatten und Schemen des von Ahriman geraubten Denkens sind für das elementarische Hellsehen als überall in der Welt herumhuschende Schatten sichtbar:

"Insoferne nun das menschliche Denken in der Sinneswelt lebt, ist es an das Gehirn gebunden, das der Vernichtung verfallen muß nach der allgemeinen Weltenordnung. Da hat Ahriman zu regulieren diesen Gang des menschlichen Gehirns nach der Vernichtung hin. Wenn er nun sein Gebiet überschreitet, dann bekommt er die Tendenz, die Intention, das Denken abzulösen von seinem sterblichen Instrument, dem Gehirn, es zu verselbständigen; loszureißen das physische Denken, das Denken, das auf die Sinneswelt gerichtet ist, von dem physischen Gehirn, in dessen Vernichtungsstrom dieses Denken sich hineinergießen sollte, wenn der Mensch durch die Pforte des Todes geht. Ahriman hat die Tendenz, wenn er den Menschen hineinläßt als physische Wesen in die Strömung des Todes, loszulösen von dieser Vernichtungsströmung das Denken. Das macht er das ganze Leben hindurch. Für die menschliche Seelenstimmung hat das zunächst, wenn der Mensch nicht praktischer Okkultist geworden ist, nur die Folge, daß er ein grobklotziger Materialist wird und nichts von der geistigen Welt wissen will. Er ist dazu gerade verlockt von Ahriman, den er nur nicht merkt. Für Ahriman steht die Sache aber so, indem es ihm gelingt, dieses Denken loszureißen von seiner als physisches Denken an das Gehirn gebundenen Grundlage, daß Ahriman mit diesem Denken herausschafft in die physische Welt Schatten und Schemen, und diese dann die physische Welt durchsetzen. Mit diesen Schatten und Schemen will sich Ahriman fortwährend ein besonderes ahrimanisches Reich begründen. Immer steht er auf der Lauer, vom menschlichen Denken, wenn dieses Denken hineingehen will in den Strom, in den der Mensch geht, wenn er die Pforte des Todes durchschreitet, so viel loszureißen, als es nur irgend geht zurückzuhalten das Denken und zu bevölkern die physische Welt mit Schatten und Schemen, die gebildet sind aus dem von seinem Mutterboden losgerissenen physischen menschlichen Denken." (Lit.: GA 147, S. 35f)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Kosmogonie, GA 94 (2001)
  2. Rudolf Steiner: Ägyptische Mythen und Mysterien, GA 106 (1992)
  3. Rudolf Steiner: Die Geheimnisse der Schwelle, GA 147 (1997)
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