Friedrich Immanuel Niethammer

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Friedrich Immanuel Niethammer (Ölgemälde im Besitz der Bayerischen Akademie der Wissenschaften), Foto: BAdW

Friedrich Philipp Immanuel Niethammer, später Ritter von Niethammer (* 26. März 1766 in Beilstein; † 1. April 1848 in München) war ein deutscher Philosoph, Bildungspolitiker und evangelischer Theologe.

Leben

Der in Württemberg in einer Pfarrersfamilie geborene Niethammer trat 1780 in die Klosterschule in Denkendorf ein, wechselte 1782 in die höhere Klosterschule nach Maulbronn und wurde 1784 Stipendiat im Tübinger Stift, wo er Friedrich Hölderlin, Georg Wilhelm Friedrich Hegel und Friedrich Wilhelm Joseph Schelling kennenlernte.

1790 kam er nach Jena, wo er bei Carl Leonhard Reinhold die Philosophie Kants studierte und sich mit Franz Paul von Herbert aus Klagenfurt anfreundete, mit dem er bis zu dessen Tod befreundet blieb und in dessen Bleiweißfabrik er 1793/94 arbeitete. Beide waren auch mit dem Reinhold-Schüler Johann Benjamin Erhard befreundet, der 1795 das Buch Über das Recht des Volkes zu einer Revolution veröffentlichte.

Ab 1794 las er an der Universität Jena Philosophie; ab 1797 gab er gemeinsam mit Johann Gottlieb Fichte das Philosophische Journal heraus und wurde dadurch 1798 in den Atheismusstreit verwickelt, den sein und Herberts Freund Friedrich Karl Forberg ausgelöst hatte.

1795 widmete er Herbert die Schrift Über Religion als Wissenschaft zur Bestimmung des Inhalts der Religionen und der Behandlungsart ihrer Urkunden. Bis 1804 wirkte er als außerordentlicher Professor der Theologie in Jena.

Im Sommer 1804 nahm er eine Berufung nach Würzburg an, wo er auch das Amt des Oberpfarrers der protestantischen Gemeinde am ersten Advent 1804 antrat, und wurde 1806, nachdem das ehemalige Fürstbistum an den Großherzog Ferdinand von Toskana übergegangen war, protestantischer Oberschulkommissar von Franken. Niethammer wurde zunächst nach Bamberg versetzt[1] und ab 1807 setzte er, berufen nach München, als bayerischer Zentralschulrat für die protestantische Kommission die Lehrplanreform im neuhumanistischen Sinne durch.

Der von Ciceros humanitas abgeleitete Begriff Humanismus wurde zunächst durch Niethammer für eine Kritik an der durch die Aufklärung geprägten Pädagogik verwendet. In dem Buch Der Streit des Philanthropinismus und des Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit, Jena 1808, schlug sich diese Kritik nieder. Aus Niethammers Sprachgebrauch entstand der Begriff des humanistischen Gymnasiums.[2] 1808 wurde er außerordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1822 schließlich ordentliches Mitglied der Forschungseinrichtung.

1836 erwarb er für 600 Gulden die Burg Hohenbeilstein in seinem Geburtsort Beilstein.[3]

Sein Sohn war der Jurist und Politiker Julius von Niethammer.

Siehe auch

Literatur

  • Friedrich Immanuel Niethammer: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Frommann, Jena 1808. (Digitalisat und Volltext)
  • Wilhelm Baum: Der Klagenfurter Herbert-Kreis zwischen Aufklärung und Romantik. In: Revue Internationale de Philosophie, Bd. 197 (1996), S. 483–514.
  • Herwig Blankertz: Die Geschichte der Pädagogik. Von der Aufklärung bis zur Gegenwart. Verlag Büchse der Pandora, Wetzlar 1982, ISBN 3-88178-055-6.
  • Gerhard Lindner: Friedrich Immanuel Niethammer als Christ und Theologe. Seine Entwicklung vom deutschen Idealismus zum konfessionellen Luthertum. Dissertation, Universität Erlangen 1971.
  •  Michael Schwarzmaier: Friedrich Immanuel Niethammer, ein bayerischer Schulreformator. Teil 1: Niethammers Leben u. Wirken bis zum Jahre 1807, Scientia-Verlag, Aalen 1974, DNB 560169809 (Reprint der Ausgabe C.H.Beck, München 1937).
  • Gunther Wenz: Hegels Freund und Schillers Beistand: Friedrich Immanuel Niethammer (1766–1848). (Forschungen zur systematischen und ökumenischen Theologie 120). Göttingen 2008. ISBN 978-3-525-56348-9
  • Gunther Wenz (Hrsg.): Friedrich Immanuel Niethammer (1766-1848). Beiträge zu Biographie und Werkgeschichte. Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse. Neue Folge, Heft 133. Beck, München 2009, ISBN 978-3-7696-0951-6
  • Immanuel Niethammer. In: Otto Rohn und Dietmar Rupp (Hrsg.): Beilstein in Geschichte und Gegenwart. Stadt Beilstein, Beilstein 1983. S. 460–461
  • Carl von PrantlNiethammer, Friedrich Immanuel. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Bd. 23, Leipzig 1886, S. 689–691.
  • Wilhelm G. JacobsNiethammer, Friedrich Immanuel. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, S. 247 (Digitalisat).
  • Erika Bosl: Niethammer, Friedrich Philipp Immanuel, Schulreformator. In: Karl Bosl (Hrsg.): Bosls bayerische Biographie. Pustet, Regensburg 1983, ISBN 3-7917-0792-2, S. 551 f. (Digitalisat).

Weblinks

Commons: Friedrich Immanuel Niethammer - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wikisource: Friedrich Immanuel Niethammer – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Martin Elze: Die Evangelisch-Lutherische Kirche. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. 4 Bände, Band I-III/2, Theiss, Stuttgart 2001–2007; III/1–2: Vom Übergang an Bayern bis zum 21. Jahrhundert. 2007, ISBN 978-3-8062-1478-9, S. 482–494 und 1305 f., hier: S. 483–487 und S. 1305, Anm. 12.
  2. Harm Klueting: Das Konfessionelle Zeitalter. Europa zwischen Mittelalter und Moderne. Primus, Berlin 2007, ISBN 978-3-89678-337-0, S. 99.
  3. Hermann Ehmer: Vom Amthof zur Fabrikantenvilla und zum Haus der Kinderkirche, in: Geschichtsblätter aus dem Bottwartal, Nr. 9. 2004, S. 16–24, hier S. 19/20.


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