Arbeit

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Der Begriff der menschlichen Arbeit umfasst ganz allgemein alle zielgerichteten, zweckgebundenen menschlichen Tätigkeiten, deren Sinn sich nicht in der Tätigkeit selbst erschöpft, und unterscheidet sich dadurch vom Spiel, bei dem eine solche zielgerichtete Zweckorientierung nicht vorliegt. Volkswirtschaftlich gesehen ist eine menschliche Tätigkeit darüber hinaus nur insofern als Arbeit aufzufassen, als das Produkt der menschlichen Tätigkeit, bestimmte eigene (Selbstversorgung) oder fremde menschliche Bedürfnisse befriedigen kann. Erst durch die Konsumfähigkeit des Produkts ergibt sich der volkswirtschaftliche Wert der Arbeit.

Der volkswirtschaftliche Begriff der Arbeit

"Ein Begriff der Arbeit ist sehr leicht zu bilden im volkswirtschaftlichen Sinn. Er liegt dann vor, wenn man ein Naturprodukt vor sich hat, das durch menschliche Tätigkeit verändert worden ist mit dem Zweck, konsumiert zu werden. Es muß wenigstens konsumfähig gemacht werden, denn dann hat es den Wert." (Lit.: GA 341, S 59f)

Arbeit und Kulturentwicklung

Rudolf Steiner hat deutlich gemacht, dass sich das Verhältnis des Menschen zur äußeren Arbeit im Laufe der Kulturentwicklung bedeutsam gewandelt hat und noch weiter wandeln wird:

"In der vierten Unterrasse (griechisch-römische Kulturepoche) wurde die Arbeit als Tribut geleistet (Sklavenarbeit). In der fünften Unterrasse (unsere gegenwärtige germanisch-angelsächsische Kulturepoche) wird die Arbeit als Ware geleistet (verkauft). In der sechsten Unterrasse (slawische Kulturepoche) wird die Arbeit als Opfer geleistet (freie Arbeit).

Die wirtschaftliche Existenz wird dann getrennt sein von der Arbeit; es wird kein Eigentum mehr geben, alles ist Gemeingut. Man arbeitet dann nicht mehr für seine eigene Existenz, sondern leistet alles als absolutes Opfer für die Menschheit." (Lit.: GA 93a, S 231)

(siehe dazu auch -> Soziales Hauptgesetz)

Arbeit ist ein Recht und nicht eine Ware

Im gesunden sozialen Organismus darf die Arbeit nicht mehr zur Ware werden, sondern muss den Charakter eines Rechtes bekommt, das im Rechtsleben verankert ist und nicht im Wirtschaftsleben. Wenn die Arbeitskraft als Ware angesehen wird, so ist das eine heute nicht mehr berechtigte Erbschaft, die auf die Leibeigenschaft des Mittelalters und auf das Sklavenwesen des Altertums zurückführen ist.

Arbeitsteilung

Die menschliche Arbeit ist im Zuge der Kulturentwicklung von der bloßen Selbstversorgung zur weitreichenden Arbeitsteilung vorangeschritten:

Arbeitsteilung bewirkt in einer richtigen Weise die Verbilligung der Produkte. Tendenzen gegen die Arbeitsteilung (durch Selbstversorgung) wirken umgekehrt die Produkte verteuernd." (Lit.: GA 340, S 52)

"Man spricht viel von der modernen Arbeitsteilung, von deren Wirkung als Zeitersparnis, Warenvollkommenheit, Warenaustausch und so weiter; aber man berücksichtigt wenig, wie sie das Verhältnis des einzelnen Menschen zu seiner Arbeitsleistung beeinflusst. Wer in einem auf Arbeitsteilung eingestellten sozialen Organismus arbeitet, der erwirbt eigentlich niemals sein Einkommen selbst, sondern er erwirbt es durch die Arbeit aller am sozialen Organismus Beteiligten. Ein Schneider, der sich zum Eigengebrauch einen Rock macht, setzt diesen Rock zu sich nicht in dasselbe Verhältnis wie ein Mensch, der in primitiven Zuständen noch alles zu seinem Lebensunterhalte Notwendige selbst zu besorgen hat. Er macht sich den Rock, um für andere Kleider machen zu können; und der Wert des Rockes für ihn hängt ganz von den Leistungen der andern ab. Der Rock ist eigentlich Produktionsmittel. Mancher wird sagen, das sei eine Begriffsspalterei. Sobald er auf die Wertbildung der Waren im Wirtschaftskreislauf sieht, wird er diese Meinung nicht mehr haben können. Dann wird er sehen, dass man in einem Wirtschaftsorganismus, der auf Arbeitsteilung beruht, gar nicht für sich arbeiten kann. Man kann nur für andere arbeiten, und andere für sich arbeiten lassen. Man kann ebensowenig für sich arbeiten, wie man sich selbst aufessen kann. Aber man kann Einrichtungen herstellen, welche dem Wesen der Arbeitsteilung widersprechen. Das geschieht, wenn die Gütererzeugung nur darauf eingestellt wird, dem einzelnen Menschen als Eigentum zu überliefern, was er doch nur durch seine Stellung im sozialen Organismus als Leistung erzeugen kann. Die Arbeitsteilung drängt den sozialen Organismus dazu, dass der einzelne Mensch in ihm lebt nach den Verhältnissen des Gesamtorganismus; sie schließt wirtschaftlich den Egoismus aus. Ist dann dieser Egoismus doch vorhanden in Form von Klassenvorrechten und dergleichen, so entsteht ein sozial unhaltbarer Zustand, der zu Erschütterungen des sozialen Organismus führt. In solchen Zuständen leben wir gegenwärtig." (Lit.: GA 23, S 133f)

Ein sozial verträglicher Begriff der menschlichen Arbeit

Die unsinnige Unterteilung in sensorische und motorische Nerven

Ein sozial verträglicher Begriff der menschlichen Arbeit lässt sich nur finden, wenn die unsinnige Unterteilung in motorische und sensorische Nerven aufgegeben wird; in Wahrheit sind alle Nerven sensorisch. Die Willenstätigkeit des Menschen ist nicht durch die motorischen Nerven bedingt, sondern durch ein unmittelbares Zusammensein der Seele mit der Außenwelt. Die sogenannten motorischen Nerven dienen nur der Wahrnehmung der dadurch entstehenden Bewegung:

"Woher rühren denn die falschen Begriffe über die Arbeit? - Wer richtige Begriffe über die sogenannten motorischen Nerven hat, der wird sicher auch bald zu richtigen Begriffen über die Funktion der Arbeit im sozialen Organismus kommen. Wer nämlich einsieht, daß es keine motorischen Nerven gibt, sondern daß die sogenannten motorischen Nerven nur Empfindungsnerven für die Natur des betreffenden Gliedes sind, auf das der Wille seine Kraft überträgt, der wird finden, wie stark jeder Willensimpuls schon dadurch, daß er ein solcher ist, in der Arbeit zum Ausdruck kommt, wie stark er in der Außenwelt steht. Dadurch aber, durch einen wirklichen Begriff des Willens und der Beziehung des Willens zum menschlichen Organismus, wird er eine wirkliche Unterlage bekommen, die Verwandtschaft einzusehen zwischen Wille und Arbeit. Dadurch aber wird er auch zu richtigen sozialen Begriffen, zu richtigen sozialen Vorstellungen und auch Empfindungen über eine solche Idee kommen. Man kann sagen: Wie der Mensch sozial denkt, das ist in vieler Beziehung abhängig davon, ob er gewisse Naturbegriffe in richtiger oder unrichtiger Weise entwickeln kann. Man muß sich klar sein darüber, daß derjenige, der da meint, im Menschen selber seien motorische Nerven die Erreger des Willens, niemals eigentlich einen wirklichen Zusammenhang herausfinden kann zwischen dem Erreger der Arbeit, dem Willen, und der Funktion der Arbeit im sozialen Organismus." (Lit.: GA 332a, S. 145)

"Kein Mensch kann in irgendeiner Sozialwissenschaft ein richtiges Verständnis des Menschen für sein Verhältnis zur Arbeit gewinnen, der auf der vertrackten Unterscheidung zwischen sensitiven und motorischen Nerven seine Begriffe, seine Vorstellungen aufbaut. Denn man wird stets kuriose Begriffe von dem bekommen, was menschliche Arbeit in Wirklichkeit ist, wenn man einerseits fragt: Was geht eigentlich im Menschen vor, wenn er arbeitet, wenn er seine Muskeln in Bewegung bringt? - und andererseits keine Ahnung davon hat, daß dieses In-Bewegung-Bringen der Muskeln nicht auf den sogenannten motorischen Nerven beruht, sondern auf dem unmittelbaren Zusammensein der Seele mit der Außenwelt [...]

Wenn ich mit einer Maschine in Berührung komme, muß ich als ganzer Mensch mit ihr in Berührung kommen; da muß ich ein Verhältnis herstellen vor allen Dingen zwischen meinen Muskeln und dieser Maschine. Dieses Verhältnis ist dasjenige, worauf des Menschen Arbeit wirklich beruht. Auf dieses Verhältnis kommt es an, wenn man die Arbeit sozial werten will, auf das ganz besondere Verhältnis des Menschen zu der Arbeitsgrundlage.

Mit was für einem Arbeitsbegriff arbeiten wir denn heute? Das, was im Menschen vorgeht, wenn er, wie man sagt, arbeitet, das ist nicht verschieden, ob er nun an einer Maschine sich abmüht, ob er Holz hackt, oder ob er zu seinem Vergnügen Sport treibt. Er kann sich geradeso mit dem Sportvergnügen abnützen, er kann ebensoviel Arbeitskraft konsumieren bei dem sozial überflüssigen Sport wie bei dem sozial nützlichen Holzhacken. Und die Illusion über den Unterschied zwischen motorischen und sensitiven Nerven ist es, die psychologisch die Menschen ablenkt davon, auch einen wirklichen Arbeitsbegriff zu erfassen, der nur erfaßt werden kann, wenn man den Menschen nicht darnach betrachtet, wie er sich abnützt, sondern darnach, wie er sich in ein Verhältnis stellt zur sozialen Umgebung. Ich glaube Ihnen, daß Sie davon noch keinen deutlichen Begriff bekommen haben, weil die Begriffe, die man heute von diesen Dingen erhalten kann, so verkehrt sind durch unser Schulwesen, daß es erst einige Zeit dauern wird, bis man den Übergang von dem sozial unsinnigen Arbeitsbegriff, von dem wahnsinnigen wissenschaftlichen Begriff der Unterscheidung der sensitiven und motorischen Nerven, finden wird. Aber in diesen Dingen liegt zugleich der Grund dafür, warum wir so unpraktisch denken. Denn wie kann eine Menschheit praktisch über das Praktische denken, die sich der wahnsinnigen Vorstellung hingibt: in unserem Inneren waltet ein Telegraphenapparat, und die Drähte gehen hin zu irgend etwas im Gehirn und werden dort umgeschaltet in andere Drähte, sensitive und motorische Nerven? Von unserer, einem verkehrten Schulwesen entspringenden Unwissenschaft, an die das breite Publikum, verführt durch die Zeitungspest, glaubt, geht aus das Unvermögen, wirklich sozial zu denken." (Lit.: GA 192, S. 154f)


Literatur

  1. Rudolf Steiner: Die Kernpunkte der Sozialen Frage, GA 23 (1976) pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Grundelemente der Esoterik, GA 93a (1972) pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und pädagogischer Fragen, GA 192 (1991), ISBN 3-7274-1920-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  4. Rudolf Steiner: Soziale Zukunft, GA 332a (1977), ISBN 3-7274-3325-6 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  5. Rudolf Steiner: Nationalökonomischer Kurs, GA 340 (2002) pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  6. Rudolf Steiner: Nationalökonomisches Seminar, GA 341 (1986) pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org