Reduktionismus und Karl Rössel-Majdan: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Putnam-Oppenheim.Scheme2.png|thumb|350|Schema von Oppenheim und Putnam, 1958. Die obere Schicht soll sich vollständig auf die jeweils darunter liegende ''reduzieren'' lassen.]]
[[Datei:KRM_Portrait.jpg|thumb|200px|Karl Rössel-Majdan]]
Der '''Reduktionismus''' (von [[latein|lat]]. ''reducere'' =&nbsp;zurückführen), der heute immer noch die wesentliche Grundlage des modernen [[naturwissenschaft]]lichen [[Denken]]s bildet, vertritt den [[Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretischen]] Standpunkt, dass ein [[struktur]]iertes [[System]] vollständig durch seine Teile bestimmt wird und aus diesen [[rational]] und streng [[deterministisch]] erklärt werden kann. Dahinter steht das Ideal einer [[Monismus|monistischen]] ''Einheitswissenschaft'', in der alle [[Phänomen]]e der [[Psychologie]], [[Biologie]] und [[Chemie]], ja sogar des [[sozial]]en Lebens, letztlich auf die elementare [[Physik]] reduziert werden können, wobei die Elementarbausteine der Physik zwar nicht notwendigerweise, aber doch meist als [[materiell]] aufgefasst werden. Klassisch formuliert wurden die Prinzipien dieses einheitswissenschaftlichen Reduktionismus in dem [[Wikipedia:1958|1958]] von [[Wikipedia:Paul Oppenheim|Paul Oppenheim]] und [[Wikipedia:Hilary Putnam|Hilary Putnam]] veröffentlichten Aufsatz ''The Unity of Science as a Working Hypothesis''<ref>[https://mechanism.ucsd.edu/teaching/philsci/openheim.putnam.unity.pdf Paul Oppenheim, Hilary Putnam: ''''The Unity of Science as a Working Hypothesis'']</ref>.
'''Karl Wilhelm Viktor Rössel-Majdan''' (* [[Wikipedia:2. Dezember|2. Dezember]] [[Wikipedia:1916|1916]] in [[Wikipedia:Wien|Wien]]; † [[Wikipedia:6. August|6. August]] [[Wikipedia:2000|2000]] ebenda) war ein [[Wikipedia:Österreich|österreichischer]] Kulturwissenschaftler, Schriftsteller, führender [[Wikipedia:Gewerkschaft|Gewerkschaft]]er, [[Anthroposophie|Anthroposoph]] und unter dem Decknamen '''Georg Michael''' [[Wikipedia:Widerstand gegen den Nationalsozialismus#Österreich|Widerstandskämpfer]] gegen das [[Wikipedia:Österreich in der Zeit des Nationalsozialismus |NS-Regime]].


Dass der Reduktionismus nur das Tote erfassen kann und schon zur [[Erklärung]] des [[Leben]]digen nicht hinreicht, hatte schon [[Goethe]] klar erkannt und treffend formuliert, wenn er etwa [[Mephisto]] in seiner [[Faust-Dichtung]] spöttisch sagen lässt:
== Leben ==
Karl Rössel-Majdan wurde am [[Wikipedia:2. Dezember|2. Dezember]] [[Wikipedia:1916|1916]], einem Samstag, als erster Sohn des [[Wikipedia:Opernsänger|Opernsänger]]s, Musikpädagogen und engagierten [[Anthroposoph]]en [[Professor Karl Rössel-Majdan|Professor Karl Rössel(-Majdan)]] (1885–1948) und seiner Gattin Margarete, geb. Soldan, mitten in der entbehrungsreichen Zeit des [[Wikipedia:Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] geboren. Seine ersten Kindheitsjahre waren durch Unterernährung und heftige Fiebererkrankungen geprägt. Der Vater diente damals als [[Wikipedia:Major|Major]] in der [[Wikipedia:k.u.k. Armee|k.u.k. Armee]]; für seine besonderen Verdienste in den Kämpfen um ''[[Wikipedia:Majdan|Majdan]]'', wo er den Durchbruch an der Ostfront verhinderte, wurde er mit dem [[Wikipedia:Maria-Theresien-Orden|Maria-Theresien-Orden]] ausgezeichnet und durfte seitdem die Bezeichnung ''-Majdan'' seinem Namen anfügen. 1919 wurde Karl Rössel-Majdans jüngerer Bruder Viktor (1919-1944) geboren.


{| align="center" |
Im Familienverband lernte Karl Rössel-Majdan durch seinen Vater schon in jungen Jahren die [[Anthroposophie]] [[Rudolf Steiner]]s kennen:
|-
| <poem>Wer will was Lebendigs erkennen und beschreiben,
Sucht erst den Geist heraus zu treiben,
Dann hat er die Teile in seiner Hand,
Fehlt leider! nur das geistige Band.<ref>[[Johann Wolfgang von Goethe]]: ''Faust - Der Tragödie Erster Teil'' (Studierzimmer), [[Wikipedia:Reclams Universal-Bibliothek|Reclams Universal-Bibliothek]] Nr. 1, Stuttgart 2000, ISBN 3-15-000001-7</ref></poem>
|}


[[Erkenntnistheorie|Erkenntnistheoretisch]] kann man zwischen einer ''starken'' und einer ''schwachen'' Form des Reduktionismus unterscheiden. Die '''starke Form des Reduktionismus''' liegt vor, wenn sich ein [[Phänomen]] in vollem Umfang und ohne Approximationen aus einer fundamentalen Theorie ''herleiten'' lässt. Lässt sich ein mit dieser Theorie ''verträgliches'' Phänomen nur durch zusätzliche Annahmen und Approximationen herleiten, ist die '''schwache Form des Reduktionismus''' gegeben. Die zusätzlichen Annahmen berücksichtigen dann implizit oder explizit die [[Emergenz|emergenten]] Eigenschaften der höheren Systemebene, die nicht auf die fundamentale Theorie reduzierbar sind.
<div style="margin-left:20px">
''Aber immer haben wir am Sonntag daheim - ich war nur nicht viel daheim, weil ich ja dann weg mußte als junger Mensch und er nach Deutschland ging - einen Zyklus von Rudolf Steiner genommen und gelesen. Das wurde regelmäßig gemacht in der Familie. Und da hat er nur gesagt: „Ihr Buabn, wenn ihr wollt’s, könnt zuhör’n.“ Da waren wir so 14, 15, 16  Jahre alt. Da saß man dabei, hat nicht sehr viel verstanden natürlich von den Dingen. Aber wir durften dabei sein und bloß die Stimme, das Klingen, diese eigenartige Seelenstimmung, wenn sich Menschen mit so etwas beschäftigen, das wirkt nach.'' (Karl Rössel-Majdan: ''Aufstand des Geistes'', Vortrag vom 2.12.1986)
</div>


Aus Sicht der modernen [[Quantentheorie]] ist ein starker Reduktionismus nicht haltbar. Der [[Chemiker]] [[Hans Primas]] betonte daher, dass verschiedene komplementäre, hierarchisch geordnete Beschreibungsebenen bezüglich der Naturphänomene nicht nur zulässig, sondern auch gleichberechtigt und notwendig sind.  
Karl Rössel-Majdan besuchte das [[Wikipedia:Akademisches Gymnasium (Wien)|Akademische Gymnasium in Wien]] und das [[Wikipedia:Stiftsgymnasium St. Paul|Stiftsgymnasium St. Paul]] in [[Wikipedia:Kärnten|Kärnten]]. Nach der [[Wikipedia:1935|1935]] bestandenen [[Wikipedia:Matura|Matura]] studierte er an der [[Wikipedia:Universität Wien|Universität Wien]] [[Wikipedia:Rechtswissenschaft|Rechtswissenschaft]] (Dr. jur. 1939), [[Wikipedia:Kunstgeschichte|Kunst]]- und [[Wikipedia:Kulturgeschichte|Kulturgeschichte]] (Dr. phil. 1949) und [[Wikipedia:Politikwissenschaft|Politikwissenschaft]] (Dr. rer. pol. 1951).


{{Zitat|Höhere Theorien besitzen eine gewisse Autonomie und können nicht von allgemeingültigen Grundprinzipien abgeleitet werden, ohne die für die Beobachtung höherer Phänomene notwendigen Mustererkennungseinrichtungen zu berücksichtigen. Jede mathematisch formulierte Reduktion einer höheren Beschreibungsebene auf eine fundamentale Theorie ist nur denkbar, wenn in der grundlegenden Theorie eine neue kontextuelle Topologie eingeführt wird. Diese neue Topologie ist niemals [[a priori]] gegeben, sondern hängt entscheidend von den Abstraktionen ab, die durch den kognitiven Apparat oder die verwendeten Mustererkennungsvorrichtungen vom Experimentator hergestellt werden. Dieses Programm kann durch die moderne algebraische Quantenmechanik realisiert werden. In diesem Rahmen ist es möglich, das Verhalten der Materie auf vielen, mathematisch genau charakterisierten, sich gegenseitig ausschließenden komplementären Wege zu beschreiben. Jede Hierarchieebene erfordert eine autonome, nicht reduzierbare Sprache, die nicht zugunsten einer leeren <universellen Sprache> eliminiert werden sollte. Einander gegenseitig ergänzende Naturbeschreibungen sind nicht nur zulässig, sondern sie sind auch gleichberechtigt und notwendig. Das heißt, ''Wissenschaft ist notwendigerweise [[pluralistisch]]''.|Hans Primas|''Reductionism: Palaver without Precedent''|ref=<ref>Im englischen Original:<br />„Higher-level theories do possess a certain autonomy and cannot be deduced from universally valid first principles without taking into consideration the pattern recognition devices necessary for the observation of higher phenomena. Any mathematically formulated reduction of a higher-level description to a fundamental theory is conceivable only if in the basic theory a new contextual topology is introduced. This new topology is never given a priori but depends in a crucial way on the abstractions made by the cognitive apparatus or the pattern recognition devices used by the experimentalist. This program can be rea lized in terms of modern algebraic quantum mechanics. In this framework it is possible to describe the behavior of matter in many, mathematically precisely characterized, mutually exclusive complementary ways. Each hierarchical level requires an autonomous, non-reducible language which should not be eliminated in favor of an empty <universal language>. Mutually exclusive complementary descriptions of nature are not only admissible, but they are equally entitled and necessary. That is, ''science is necessarily pluralistic.''“<br />Hans Primas: ''Reductionism: Palaver without Precedent'' in: Evandro Agazzi (Hrsg.): ''The Problem of Reductionism in Science'', Springer 1991, ISBN 978-0792314066, S. 161-172</ref>}}
Nach dem [[Wikipedia:Anschluss (Österreich)|„Anschluss“ Österreichs]] an das nationalsozialistische Deutschland [[Wikipedia:1938|1938]] baute Karl Rössel-Majdan ab [[Wikipedia:1939|1939]] zunächst eine illegale Studentengruppe auf:


Damit ist aber auch der traditionelle [[Atomismus]] obsolent:
<div style="margin-left:20px">
''Ich begann sofort mit der Arbeit an der Universität: Studenten suchen, von denen ich annehmen konnte - man musste bereits äußerst vorsichtig vorgehen -, dass sie Gegner sind, ganz gleich welcher Couleur. Sehr befreundet war ich dann mit dem Juden [Walter] Hecht - sein Vater war Rechtsanwalt, ihm selber ist es dann gelungen, nach England zu emigrieren - und habe mit ihm vereinbart, dass wir miteinander in Geheimverbindung bleiben, sodass ich nach England berichten kann an die österreichischen Emigranten dort bzw. umgekehrt Nachrichten von dort erhalte, wie die Sache weitergeht. Durch ungarische Bekannte war mir klar, dass von Budapest aus noch gewisse Verbindungen zum Ausland möglich waren, denn Budapest hatte eine freiere Stellung bei Hitler. Ich fuhr daher dann mehrfach mit dem Schiff oder auch mit dem Zug nach Budapest und habe durch Vertraute im Kynologen-, also Hundezüchterverband mit England korrespondiert, und zwar mit synthetischer Tinte einfach auf Karten, Postkarten, Briefen, Paketen, das Einpackpapier war imprägniert, und man hat das dort dann aufgelöst und konnte die Nachrichten lesen.'' [http://www.doew.at/frames.php?/service/archiv/eg/roesselmajdan3.html]
</div>


{{Zitat|Wenn wir die Quantenmechanik für eine gute Theorie der Materie halten,
Gemeinsam mit [[Wikipedia:Jacob Kastelic|Jacob Kastelic]] und anderen war er dann Mitbegründer der [[Wikipedia:Großösterreichische Freiheitsbewegung|Großösterreichischen Freiheitsbewegung]], die sich durch weitgehend ''gewaltfreien Widerstand'' auszeichnete. Die erste entscheidende Zusammenkunft fand im November 1938 im [[Wikipedia:Café Wunderer|Café Wunderer]] an der [[Wikipedia:Kennedybrücke (Wien)|Hietzinger Brücke]] statt:
dann ist die Aussage «Die Materie ist aufgebaut aus elementaren Bausteinen»
naturwissenschaftlich falsch. Entscheidend ist nicht die Tatsache, dass die
Atome der Chemiker weiter teilbar sind – das wäre eine triviale Nomenklaturfrage
, sondern dass die materielle Realität ein Ganzes ist, das überhaupt nicht
aus Teilen aufgebaut ist.|Hans Primas|''Umdenken in der Naturwissenschaft''|ref=<ref>Hans Primas in: ''Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich'' (1992) 137/l, S. 50 (genehmigter Nachdruck aus «GAIA; Ecological Perspectives in Science, Humanities and Economics» (1992) 1, l, 5-15 [http://www.ngzh.ch/archiv/1992_137/137_1/137_5.pdf pdf]</ref>}}


Tatsächlich ist die [[Emergenz]] neuer Phänomene in einem übergeordneten [[ganzheit]]lichen System stets mit einer [[Submergenz]] der Eigenschaften seiner Teile verbunden, die aber in dem höheren Ganzen gleichsam im Sinne [[Hegel]]s „[[Dialektische Aufhebung|aufgehoben]]“ sind und bei der Zerteilung des Systems wieder in Erscheinung treten können. Daher kann man auch nicht einfach behaupten, dass [[Molekül]]e aus [[Atom]]en ''zusammengesetzt'' seien. Darauf hatte schon [[Rudolf Steiner]] in seinen Ausführungen über die [[Ureiweißatmosphäre]] der [[Erde (Planet)|Erde]] hingewiesen. Das [[Eiweiß]] sei nicht einfach aus [[Kohlenstoff]], [[Wasserstoff]], [[Sauerstoff]] und [[Stickstoff]] aufgebaut, sondern eine höher geartete Substanz:
<div style="margin-left:20px">
''Wir trafen uns dann in Wien im Café "Wunderer" in Hietzing und haben dort vom Aufbau einer gemeinsamen Widerstandsbewegung gesprochen, einigten uns auf den Namen "Freiheitsbewegung" bzw. "Österreichische Freiheitsbewegung", später "Großösterreichische Freiheitsbewegung", weil man gedacht hat, der Aufstand soll Ungarn und die Tschechoslowakei und alles erfassen, wenn 's einmal soweit ist. Auf der Linie des Überparteilichen haben wir uns geeinigt. Meine Funktion war dabei Jugendberatung und staatsrechtliche Vorbereitung, d. h. neue Ideen auch in der Reform der Demokratie, damit nicht dasselbe wie vorher passiert und wieder irgendein Hitler daherkommt.'' [http://www.doew.at/frames.php?/service/archiv/eg/roesselmajdan3.html]
</div>


{{GZ|Heute denkt man sich überhaupt bei allem: es sei zusammengesetzt;
[[Datei:KRM 32 a.jpg|thumb|left|Karl Rössel-Majdan, Foto aus dem [[Wikipedia:Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes|Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes]].]]
aber das ist ein Unsinn. Dasjenige, was man als gewisse höher geartete
"Georg Michael", Karl Rössel-Majdans geheimer Deckname in der Widerstandsbewegung, unter dem er später auch seine Gedichte veröffentlichte, war zugleich Ausdruck der geistigen Gesinnung, die Karl Rössel-Majdan beseelte: mit dem michaelischen Feuerschwert des Geistes der drachengestaltigen Unmenschlichkeit und dem Ungeist der Zeit entgegenzutreten! Anläßlich seines 70. Geburtstages sprach Karl Rössel-Majdan über dieses Grundmotiv seines Lebens:
Substanzen kennt, das ist nicht immer aus dem zusammengesetzt, was
dann erscheint, wenn man es analysiert; sondern die Dinge hören auf,
in der höheren Substanz darinnen zu sein. Der Kohlenstoff ist da drinnen
nicht Kohlenstoff, der Sauerstoff nicht Sauerstoff und so weiter,
sondern das ist eine höher geartete Substanz.|232|74}}


Steiner erläutert das auch am Beispiel des kubisch kristallisierenden [[Kochsalz]]es, das aus [[Natrium]] und [[Chlor]] gebildet werden kann.
<div style="margin-left:20px">
''„Aufstand des Geistes!“ Warum habe ich das heute so genannt? Weil es mir, wenn ich einmal vor Ihnen persönlicher werden darf, eigentlich immer so vorkam, daß ich nichts anderes im Leben sah als einen Aufstand des Geistes gegen den Ungeist der Zeit. Manche empfinden das als aufrührerisch, viele waren mir böse, weil ich sie aus der Ruhe aufgerüttelt habe, einfach durch das Da-Sein oder So-Sein. Aber jeder hat eben sein Lebensgesetz, jeder tritt an nach seiner Schicksalsregel und die muß er nun leben können und immer ein Stück weiter kommen. Er muß sich in seiner Art weiterentwickeln, auch überwinden können. Es ist immer auch ein Aufstand gegen „Sich selbst“. Aber man kann ruhig sagen: ein Aufstand war es. Nicht ein Aufstand um des Aufstandes willen, sondern immer ein Aufstand aus dem tiefsten geistigen Erleben, aus dem tiefsten oft empörten Erleben über die Einschränkungen, über die Unterdrückung, die das Geistige in dieser Welt mitmachen muß.'' (Karl Rössel-Majdan: ''Aufstand des Geistes'', Vortrag vom 2.12.1986)
</div>


{{GZ|Wenn wir die äußere Welt betrachten, so finden wir,
[[Wikipedia:1939|1939]] wurde Karl Rössel-Majdan zur [[Wikipedia:Wehrmacht#Die Wehrmacht in der Zeit des Nationalsozialismus|Wehrmacht]] eingezogen und nach einer Verwundung in ein Lazarett eingeliefert, wo er laufend Informationen über Truppenbewegungen für die Widerstandsbewegung sammelte. Das führte schließlich am [[Wikipedia:22. Oktober|22. Oktober]] [[Wikipedia:1940|1940]] zu seiner Verhaftung durch die [[Wikipedia:Geheime Staatspolizei|Gestapo]], nachdem die Widerstandsgruppe von Burgschauspieler [[Wikipedia:Otto Hartmann|Otto Hartmann]] verraten worden war. Karl Rössel-Majdans Mitgliedschaft konnte jedoch nicht bewiesen werden, da er in der Widerstandsbewegung nur unter seinem Decknamen ''Georg Michael'' geführt war. Während seiner Haft traf ihn ein schwerer Schicksalsschlag, als sein  jüngerer Bruder Viktor nach schweren Misshandlungen in der NS-Haft starb. Am [[Wikipedia:29. Juni|29. Juni]] [[Wikipedia:1944|1944]] wurde Karl Rössel-Majdan vom [[Wikipedia:Volksgerichtshof|Volksgerichtshof]] (dem sogenannten 2. "Blutsenat") daher "nur" wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Das war die höchste Haftstrafe, die zu dieser Zeit noch verhängt wurde; jedes höhere Strafmaß hätte automatisch die Köpfung bedeutet.  
daß bis zum Kristall hinunter überall das Formprinzip tätig ist. Die
Substanzen, welche in den Kristall eintreten, müssen, um das zu
werden, als was der Kristall sich darstellt, gleichsam eingefangen
werden von dem Formprinzip, und dieses macht mit Hilfe der Substanzen
den Kristall erst zu dem, was er ist. Nehmen Sie zum Beispiel
das Kochsalz, Chlornatrium, so haben Sie als physische Substanzen
miteinander verbunden Chlor und Natrium, ein Gas und ein Metall.
Sie werden leicht einsehen, daß diese beiden Stoffe, so wie sie sind,
bevor sie eingefangen werden durch eine formende Wesenheit und
dadurch erst zu einer chemischen Verbindung in Würfeln kristallisiert
erscheinen, jede für sich völlig andere Formen zeigt. Bevor sie
eintreten in dieses Formprinzip, haben sie nichts Gemeinsames; aber
sie werden eingespannt, aufgenommen von diesem Formprinzip, und
dieses bildet den physischen Körper Kochsalz.|128|153}}


So einseitig die reduktionistische Haltung auch ist, so kann sie dennoch, wenn sie an ihre Grenzen stößt, zugleich die beste Grundlage dafür schaffen, klar und deutlich jene Erscheinungen zu identifizieren die eine irreduzible starken Form der [[Emergenz]] zeigen. Damit wird der Blick auf neue Seinsebenen mit eigenständigen Gesetzmäßigkeiten eröffnet, die grundsätzlich nicht auf jene der darunterliegenden Ebenen reduziert werden können. Ziel der Wissenschaft muss es dann sein, die eigenständigen Gesetzmäßigkeiten der höheren Seinsebenen mit ihnen gemäßen, noch zu entwickelnden bzw. weiterzuentwickelnden [[Methode]]n zu erforschen und ihren ideellen Bezug zu den unteren Daseinsebenen aufzuklären.
Im März [[Wikipedia:1945|1945]] gelang Karl Rössel-Majdan die Flucht aus dem [[Wikipedia:Zwangsarbeit|Zwangsarbeit]]slager Wien-[[Wikipedia:Lobau|Lobau]]. Bis Kriegsende konnte er als [[Wikipedia:Judenretter#Untertauchen von inländischen Flüchtlingen|„U-Boot“]] bei einem Bekannten überleben und sich an den Kämpfen in Wien beteiligen. Lebensmittel erhielt er von seinem Vater, die von dessen Schülerin [[Wikipedia:Hilde Rössel-Majdan|Hilde Rössel-Majdan]] stammten, die schon bald seine Frau werden sollte. [[Wikipedia:1946|1946]] wurde die gemeinsame Tochter Elisabeth geboren.


Damit wird keinesfall ein mit Recht als problematisch angesehener [[Dualismus]] begründet. Den verschiedenen Daseinsebenen sind vielmehr völlig unterschiedliche Erscheinungsbereiche zugeordnet, zwischen denen keine [[kausal]]e, sehr wohl aber eine [[idee]]lle, durch das [[Denken]] einsehbare, [[begriff]]lich fassbare Verbindung besteht. Der Fehler entsteht, weil man die Erscheinungen [[an sich]] schon als fertige [[Wirklichkeit]] ansieht, was aber nicht der Fall ist. Erscheinungen können daher prinzipiell nicht aufeinander einwirken. Erst durch den entsprechenden Begriff wird die wahrgenommene Erscheinung zur Wirklichkeit erhoben. Dem Pluralismus der Erscheinungswelt steht damit ein geistiger [[Monismus]] gegenüber, der auch die Grundlage der [[Anthroposophie|anthroposophischen Geisteswissenschaft]] bildet.
Nach dem Zusammenbruch des [[Wikipedia:Österreich in der Zeit des Nationalsozialismus |NS-Regimes]], setzte sich Karl Rössel-Majdan gemeinsam mit [[Julius Breitenstein]] und seinem Vater, [[Professor Karl Rössel-Majdan]], für die Neubegründung der [[Anthroposophische Gesellschaft|Anthroposophischen Gesellschaft]] in Österreich ein, die sich 1938 nach dem Einmarsch [[Wikipedia:Adolf Hitler|Hitlers]] selbst aufgelöst hatte, um dem drohenden Verbot zu entgehen. Die Zeit drängte, denn durch Erlass der Besatzungsmächte gab es eine Frist, innerhalb derer die von Hitler verbotenen Gesellschaften wieder anzumelden waren. Die neubegründete [[Anthroposophische Gesellschaft in Österreich (1913)]] wurde jedoch auf Betreiben zahlreicher [[Anthroposoph]]en in Österreich von der [[Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft|Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft]] in [[Wikipedia:Dornach SO|Dornach]] nicht als Landesgesellschaft anerkannt, was für lange Zeit zu einer bedauerlichen Spaltung der anthroposophischen Bewegung in Österreich führte. Karl Rössel-Majdan erzählt dazu in seinen Lebenserinnerungen:


{{GZ|Erst im Begriffe also bekommt die Welt ihren vollen Inhalt. Nun
<div style="margin-left:20px">
haben wir aber gefunden, dass uns der Begriff über die einzelne
''Die meisten hatten Angst, man soll doch nicht wieder anmelden, sie verstanden das nicht. Ich hab’s dann als früherer Widerstandskämpfer übernommen, ich brauchte ja keine Angst zu haben, in die Geheimpolizei zu gehen - während die anderen behaupteten, dann werden wir nach Sibirien verschleppt. Ich schlug mich also durch zum Chef der Geheimpolizei, General Cubienko, kam endlich durch die Posten bis zu diesem obersten Boss der Geheimpolizei, NKWD hieß es damals und hab’ ihm gesagt, was da los sei: Die Leute haben Angst, denn die Anthroposophie ist das Gegenteil vom Materialismus und  Sie bekennen sich doch im Kommunismus zum Materialismus ... „Was is Anthroposophie“, fragte er in gebrochenem Deutsch. Ich hab’ ihm darauf versucht zu schildern, zu erklären, „die Realität einer geistigen Welt“, usw. Darauf schaut er mich so an und sagt dann auf einmal: „Cha, cha, cha, cha! Firrchten wirr nicht grroßes katholisches Kirche, werden wir firrchten kleines Verein ...“. Ich kam mit der Nachricht zurück und dann haben wir uns gesagt: „Also dann, liebe Freunde, gründen wir doch das ... Es hat doch wirklich keinen Sinn länger noch zuzuwarten.“ Und da war wieder Angst, bei vielen. Wir aber haben gesagt, wir fühlen die Verpflichtung, die geistige Verpflichtung Steiner gegenüber. Und wer nicht will, der kommt halt später, wenn er sieht, es passiert nichts. Wir wollen es jetzt einmal versuchen. Es passierte nichts. Aber im „Westen“ wurde eine andere Gesellschaft gegründet. Das war die Spaltung in Österreich ... Wir kamen dann drauf, daß es einige Mitglieder gab, die das Abzeichen der NSDAP hatten ... Dann war uns auf einmal die Angst klar.'' (Karl Rössel-Majdan: ''Aufstand des Geistes'', Vortrag vom 2.12.1986)
Erscheinung hinaus auf den Zusammenhang der Dinge verweist.
</div>
Somit stellt sich das, was in der Sinnenwelt getrennt, vereinzelt
auftritt, für den Begriff als ''einheitliches'' Ganzes dar. So entsteht
durch unsere naturwissenschaftliche Methodik als Endziel die
''monistische Naturwissenschaft''; aber sie ist nicht abstrakter
Monismus, der die Einheit schon vorausnimmt, und dann die
einzelnen Tatsachen des ''konkreten'' Daseins in gezwungener
Weise darunter subsummiert, sondern der konkrete Monismus,
der Stück für Stück zeigt, dass die scheinbare Mannigfaltigkeit
des Sinnendaseins sich zuletzt nur als eine ideelle Einheit
erweist. Die Vielheit ist nur eine Form, in der sich der
einheitliche Weltinhalt ausspricht. Die Sinne, die nicht in der
Lage sind, diesen einheitlichen Inhalt zu erfassen, halten sich an
die Vielheit; sie sind geborene Pluralisten. Das Denken aber
überwindet die Vielheit und kommt so durch eine lange Arbeit
auf das einheitliche Weltprinzip zurück.|1|282|277}}


Wäre alles Geschehen innerhalb der [[Physische Welt|physischen Welt]] streng [[Determinismus|determiniert]], so wäre diese allerdings vollkommen in sich abgeschlossen und ausschließlich durch sich selbst bestimmt. Die starke Form der [[Emergenz]] wäre dann unmöglich. Nach den Ergebnissen der [[Quantentheorie]] ist aber ein durchgängiger Determinismus innerhalb der [[physik]]alisch fassbaren Welt nicht gegeben. Im Rahmen der Quantenmechanik sind nur [[Wikipedia:Wahrscheinlichkeitsaussage|Wahrscheinlichkeitsaussage]]n über künftige [[Beobachtung]]en möglich, was nach der [[Wikipedia:Kopenhager Deutung|Kopenhager Deutung]] bedeutet, dass das raum-zeitliche Verhalten eines mikrophysikalischen Systems  grundsätzlich indeterminiert ist, dafür aber ein streng gesetzmäßig geordnetes Feld von [[Möglichkeit]]en eröffnet. Auch für die moderne [[Evolution]]stheorie ist der - quantentheoretisch zu rechtfertigende - [[Zufall]] ein wesentlicher Faktor. Gerade dadurch eröffnet sich aber der Ausblick auf höhere „emergente“ [[Weltebenen]], die gesetzmäßig mit den untergeordneten Ebenen verbunden sind.
Ab [[Wikipedia:1946|1946]] arbeitete Rössel-Majdan beim [[Wikipedia:Rundfunk|Rundfunk]], dem späteren [[Wikipedia:Österreichischer Rundfunk|ORF]], der damals noch der Kontrolle der Besatzungsmächte unterstand. In diese Zeit fällt auch der Ursprung seiner späteren gewerkschaftlichen Tätigkeit:


In der [[Anthroposophie]] werden folgende vier grundlegenden [[Weltebenen]] unterschieden:
<div style="margin-left:20px">
''Da gab’s einmal einen „Wilden Streik“. In zehn Minuten wurde alles gewendet. Gestreikt wurde gegen die Besatzungsmacht, die Russen, gegen die Regierung, gegen die Gewerkschaft, gegen die Direktion, gegen die Parteien, die waren alle auf der Gegnerseite. Ein Heizer, eine Putzfrau und noch zwei drei so ganz armselige Armutschkerln haben zu mir gesagt: „Du warst bei der Widerstandsbewegung, hilf uns Du, da ist ein Unrecht geschehen!“ So kam es dazu. Da hab ich gesagt, dann müßt’ ihr’s halt durchsetzen. „Na ja, wie macht man des?“ Hab ich gesagt, so geht’s halt hin und sagt’s denen, wir tun nimmer mit. Das steigerte sich. Die fühlten sich alle stark, die ganze Kamarilla - „Kommt gar nicht in Frage!“ - also blieb ich zum Schluß über: Zanemann geh’ du voran! ... Ich war auf einmal Streikführer. Ein Mann beim Senderhebel, einer beim Tor unten und der wilde Streik war fertig. Ich kann’s nicht näher schildern, aber sie mußten kapitulieren. ( ) Und wir haben noch drei Tage durchgehalten. Keine Besatzungsmacht hat eingegriffen. Nächtliche Sitzung der Regierung, nächtliche Sitzung im ÖGB, keiner hat eingegriffen ... Ich bin also eigentlich, ursprünglich, als Gegner des ÖGB angetreten.'' (Karl Rössel-Majdan: ''Aufstand des Geistes'', Vortrag vom 2.12.1986)
</div>


* Die [[physische Welt]],
Beim Rundfunk wirkte Karl Rössel-Majdan zunächst als wissenschaftlicher Referent und in der Personalabteilung, später als Leiter der Abteilung für Rundfunkforschung und Hauptabteilungsleiter des Auslandsdienstes der Kurzwelle. Als Rundfunkforscher entwickelte er eine neue Form der Hörerstatistik, die auf den Ideen der [[Soziale Dreigliederung|Sozialen Dreigliederung]] [[Rudolf Steiner]]s aufbaute. Studienreisen führten ihn später nach [[Wikipedia:Palästina|Palästina]] und [[Wikipedia:1953|1953]] in die [[Wikipedia:USA|USA]], wo er insbesondere das Leben der [[Indianer]]n studieren konnte.
* die Welt des [[Leben]]s (von [[Rudolf Steiner]] auch [[Ätherwelt]] genannt)
* die Welt des [[Seele|Seelischen]]
* die Welt des [[Geist]]es


Eine dem Reduktionsmus entgegengesetzte Haltung kennzeichnet den [[Holismus]], der davon ausgeht, dass ''das Ganze mehr ist als seine Teile'' und die Teile vom [[Ganzheit|Ganzen]] her bestimmt werden. Diese Anschauung macht sich seit der Entwicklung der [[Quantentheorie]] die Physik immer mehr zueigen und widerspricht damit selbst dem reduktionistischen Konzept. [[Hans-Peter Dürr]] hat es so formuliert:
[[Wikipedia:1948|1948]] bereiste Karl Rössel-Majdan gemeinsam mit seiner Gattin mit dem Motorrad die Schweiz, wo er [[Marie Steiner]] noch kurz vor ihrem Tod besuchen konnte. Sein Vater war schon vorher hingefahren, um im Nachlassstreit um [[Rudolf Steiner]]s Werke Marie Steiner beizustehen.  


{{LZ|Der Bruch in unserem Verständnis der Wirklichkeit, den die neue Physik fordert, ist radikal. Deutet diese Physik doch darauf hin, daß die eigentliche Wirklichkeit, was immer wir darunter verstehen, im Grunde keine Realität im Sinne einer dinghaften Wirklichkeit ist...
[[Datei:KRM_Sprachgestaltung.jpg|thumb|Karl Rössel-Majdan: ''Vom Wunder der menschlichen Stimme 1. Sprachgestaltung'', Troxler Verlag, Wien 1975]]
Ab [[Wikipedia:1961|1961]] war Karl Rössel-Majdan auch in der Erwachsenenbildung tätig. Er hielt Vorträge zur [[Wikipedia:Kulturgeschichte|Kulturgeschichte]] und entwickelte die von [[Rudolf Steiner]] begründete [[Sprachgestaltung]] in eigenständiger Form weiter. Er galt als engagierter Gewerkschafter und war sechzehn Jahre (1970-1986) Vorsitzender der [[Wikipedia:Gewerkschaft Kunst, Medien, Freie Berufe|Gewerkschaft Kunst, Medien, freie Berufe]] im [[Wikipedia:Österreichischer Gewerkschaftsbund|ÖGB]], daneben Generalsekretär der Arbeitsgemeinschaft für Kunst und Wissenschaft in Österreich, Vizepräsident der Österreichischen Künstlerunion. Auf Anregung seiner Tochter Elisabeth gründete Karl Rössel-Majdan [[Wikipedia:1972|1972]] das [[Comenius-Institut]], wo seitdem seelenpflegebedürftige Menschen nach [[Waldorfpädagogik|waldorfpädagogischer]] Methode betreut werden.


Die <Unschärfe> (d.h. die nichtkausale Natur der atomaren Phänomene) ist Ausdruck einer holistischen, einer ganzheitlichen Struktur der Wirklichkeit...
[[Wikipedia:1967|1967]] begründete Karl Rössel-Majdan das [[Kuratorium für künstlerische und heilende Pädagogik]], das er bis zu seinem Tod aktiv als Präsident leitete. Danach übernahm seine Tochter Elisabeth Rössel-Majdan die Leitung des Kuratoriums. Das Kuratorium ist der gemeinsame Rechtsträger einer Reihe privater waldorfpädagogischer Bildungseinrichtungen als Basis für ein [[freies Geistesleben]]. Durch die Initiative Karl Rössel-Majdans entstanden so:


So steht das Getrennte (etwa durch die Vorstellung isolierter Atome) nach neuer Sichtweise nicht am Anfang der Wirklichkeit, sondern näherungsweise Trennung ist mögliches Ergebnis einer Strukturbildung, nämlich: Erzeugung von Unverbundenheit durch Auslöschung im Zwischenbereich (Dürr 1992). Die Beziehungen zwischen Teilen eines Ganzen ergeben sich also nicht erst sekundär als Wechselwirkung von ursprünglich Isoliertem, sondern sind Ausdruck einer primären Identität von allem. Eine Beziehungsstruktur entsteht also nicht nur durch Kommunikation, einem wechselseitigen Austausch von Signalen, verstärkt durch Resonanz, sondern gewissermaßen auch durch Kommunion, durch Identifizierung...
* [[Comenius-Institut]] (1972)
* [[Comeniusheim]] (1980)
* [[Friedrich Eymann Waldorfschule]] (1982)
* [[Goetheanistisches Konservatorium und Waldorfpädagogische Akademie]] (1989)
* [[Oberstufenrealgymnasium Rudolf Steiner]] (1992)


Die [[holistisch]]en Züge der Wirklichkeit, wie sie in der neuen fundamentalen Struktur der Materie zum Ausdruck kommen, bieten hierbei die entscheidende Voraussetzung dafür, daß die für uns wesentlichen Merkmale des Lebendigen dabei nicht zu mechanistischen Funktionen verstümmelt werden.|Dürr 1997}}
Karl Rössel-Majdan setzte sich unermüdlich für die weitere Entfaltung der [[Anthroposophie]] in Österreich ein und griff insbesondere Steiners Ideen zur [[Soziale Dreigliederung|Sozialen Dreigliederung]] auf, um die [[Kultur]] als dritte unabhängige Kraft  neben Wirtschaft und Politik im sozialen Leben zu stärken. Seit [[Wikipedia:1948|1948]], nach dem plötzlichen Tod seines Vaters, war Karl Rössel-Majdan Hauptvortragender der [[Anthroposophische Gesellschaft in Österreich (1913)|Anthroposophischen Gesellschaft in Österreich (1913)]]. In seinen zahlreichen Vorträgen, Kursen, Seminaren und Rundfunksendungen wußte er die Menschen für seine Ideale durch seine lebendige, bildhafte und zugleich logisch präzise Sprache zu begeistern.


Und für [[Wikipedia:Werner Heisenberg|Werner Heisenberg]], der maßgeblich an der Entwicklung der Quantentheorie beteiligt war, sind die elementaren Bausteine der Physik ideeller, d.h. [[geist]]iger Natur:
Karl Rössel-Majdan starb am [[Wikipedia:6. August|6. August]] [[Wikipedia:2000|2000]] in Wien.


{{LZ|Die Elementarteilchen können mit den regulären Körpern in Platos "Timaios" verglichen werden. Sie sind die Urbilder, die Ideen der Materie.|Heisenberg, S. 281}}
== Auszeichnungen ==
* Medaille des österreichischen Widerstandes
* [[Wikipedia:Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien#Großes Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien|Großes Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien ]]
* [[Wikipedia:Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich|Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich]]


== Literatur ==
== Werke ==
: '''als Autor'''
* ''Verlogene Demokratie. Zeitgemäße Betrachtungen auf Grund der Staats- und Gesellschaftsauffassung [[Wikipedia:Jakob Burckhardt|Jakob Burckhardt]]s''. Braumüller, Wien 1949.
* ''„Ich bin der Mensch von heut ...“ Eine Auswahl besinnlicher und heiterer Verse''. Europäischer Verlag, Wien 1950.
* ''Das internationale Rundfunkrecht. Mit einem Abriß der Rundfunksoziologie''. Dissertation an der Universität Wien, Wien 1952.
* ''Der Rundfunk. Vorgeschichte und Wesen. Eine kulturwissenschaftliche Untersuchung''. Braumüller, Wien 1953.
* ''Ich und Uncle Sam'', Verlag des Internationalen Studienzentrums, Wien 1956.
* ''Rundfunk und Kulturpolitik. Ein Beitrag zur Kultursoziologie''. Westdeutscher Verlag, Köln/Opladen 1962.
* ''Vom offenbaren Geheimnis der Statistik'', Vortrag vom 25.1.1966 ''(unveröffentlicht)''
* ''Vom Wunder der menschlichen Stimme. Sprachgestaltung''. Troxler, Wien 1975.
* ''Aufstand des Geistes'', autobiografischer Vortrag, gehalten am 2.12.1986 in Wien ''(unveröffentlicht)''
* ''Österreichische Künstler-Union.  Die Europäische Gemeinschaft und die Kultur. Ein Beitrag zur Orientierung der österreichischen Kulturpolitik''. Hrsg. und Verleger: Österreichische Künstler-Union, Wien 1990.
* ''Georg Michael 75 Karl Rössel-Majdan. Das lyrische Werk'', Festschrift des Kuratoriums für künstlerische und heilende Pädagogik, Wien 1991
* ''Vom Wunder der menschlichen Stimme. Stimmbildung'' (gemeinsam mit KS Hilde Rössel-Majdan), Kuratorium für künstlerische und heilende Pädagogik, Wien 2007.


# Hans-Peter Dürr (Hrsg.): ''Rupert Sheldrake in der Diskussion'', Scherz-Verlag, Bern München Wien 1997, S 227ff
: '''als Herausgeber'''
# Werner Heisenberg: ''Der Teil und das Ganze'', 7. Aufl. München: Piper, 2002, ISBN 3492222978
* ''Kultur als 3. Kraft. Leitlinien zur Kulturpolitik''. Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, Wien 1980.
# Rudolf Steiner: ''Eine okkulte Physiologie'', [[GA 128]] (1991), ISBN 3-7274-1281-X {{Vorträge|128}}
* ''Waldorfpädagogik als Alternative. Intensivpädagogik in Kindergarten, Tagesheim, Internat und Schule''. Festschrift aus Anlaß der Jubiläumstagung „10 Jahre Comenius-Institute“ (5.–11. Juni 1981). Hrsg. Kuratorium für Künstlerische und Heilende Pädagogik. Wien 1981.
# Rudolf Steiner: ''Mysteriengestaltungen'', [[GA 232]] (1998), ISBN 3-7274-2321-8 {{Vorträge|232}}


{{GA}}
== Literatur ==
 
*''[[Wikipedia:Oesterreichisches Musiklexikon|Oesterreichisches Musiklexikon]]''. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2005, ISBN 3-7001-3046-5 (Band 4) S.&nbsp;1956.
== Weblinks ==
 
# [http://homepages.uni-tuebingen.de/wolfhard.koch/reduktionismus.pdf Wolfhard Koch: ''Kann Chemie auf Physik reduziert werden?''] - Vortragsmanuskript [[Wikipedia:Eberhard Karls Universität Tübingen|Universität Tübingen]] (1999)


== Einzelnachweise ==
==Weblinks==
* {{DNB-Portal|116594411}}
* [http://www.doew.at/frames.php?/service/archiv/eg/roesselmajdan3.html Karl Rössel-Majdan ''Erzählte Geschichte''] [[Wikipedia:Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes|Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes]]
* [http://www.anthroposophie.net/peter/roessel-majdan.htm Karl Rössel-Majdan ''Aufstand des Geistes gegen den Ungeist der Zeit''] Nachruf und Porträtfoto auf Anthroposophie.net
* [http://www.dreigliederung.de/essays/2000-06-018.html ''Wir brauchen eine Stärkung der Kultur''] Interview mit Karl Rössel-Majdan am 27. Mai 1994
* [http://www.aso-comenius.ksn.at Comeniusheim & Schule]
* [http://www.comenius-institut.at Comenius Institut]
* [http://www.waldorf-hietzing.at Waldorfschulen Hietzing]


<references />
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Version vom 11. Oktober 2016, 14:42 Uhr

Karl Rössel-Majdan

Karl Wilhelm Viktor Rössel-Majdan (* 2. Dezember 1916 in Wien; † 6. August 2000 ebenda) war ein österreichischer Kulturwissenschaftler, Schriftsteller, führender Gewerkschafter, Anthroposoph und unter dem Decknamen Georg Michael Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime.

Leben

Karl Rössel-Majdan wurde am 2. Dezember 1916, einem Samstag, als erster Sohn des Opernsängers, Musikpädagogen und engagierten Anthroposophen Professor Karl Rössel(-Majdan) (1885–1948) und seiner Gattin Margarete, geb. Soldan, mitten in der entbehrungsreichen Zeit des Ersten Weltkriegs geboren. Seine ersten Kindheitsjahre waren durch Unterernährung und heftige Fiebererkrankungen geprägt. Der Vater diente damals als Major in der k.u.k. Armee; für seine besonderen Verdienste in den Kämpfen um Majdan, wo er den Durchbruch an der Ostfront verhinderte, wurde er mit dem Maria-Theresien-Orden ausgezeichnet und durfte seitdem die Bezeichnung -Majdan seinem Namen anfügen. 1919 wurde Karl Rössel-Majdans jüngerer Bruder Viktor (1919-1944) geboren.

Im Familienverband lernte Karl Rössel-Majdan durch seinen Vater schon in jungen Jahren die Anthroposophie Rudolf Steiners kennen:

Aber immer haben wir am Sonntag daheim - ich war nur nicht viel daheim, weil ich ja dann weg mußte als junger Mensch und er nach Deutschland ging - einen Zyklus von Rudolf Steiner genommen und gelesen. Das wurde regelmäßig gemacht in der Familie. Und da hat er nur gesagt: „Ihr Buabn, wenn ihr wollt’s, könnt zuhör’n.“ Da waren wir so 14, 15, 16 Jahre alt. Da saß man dabei, hat nicht sehr viel verstanden natürlich von den Dingen. Aber wir durften dabei sein und bloß die Stimme, das Klingen, diese eigenartige Seelenstimmung, wenn sich Menschen mit so etwas beschäftigen, das wirkt nach. (Karl Rössel-Majdan: Aufstand des Geistes, Vortrag vom 2.12.1986)

Karl Rössel-Majdan besuchte das Akademische Gymnasium in Wien und das Stiftsgymnasium St. Paul in Kärnten. Nach der 1935 bestandenen Matura studierte er an der Universität Wien Rechtswissenschaft (Dr. jur. 1939), Kunst- und Kulturgeschichte (Dr. phil. 1949) und Politikwissenschaft (Dr. rer. pol. 1951).

Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland 1938 baute Karl Rössel-Majdan ab 1939 zunächst eine illegale Studentengruppe auf:

Ich begann sofort mit der Arbeit an der Universität: Studenten suchen, von denen ich annehmen konnte - man musste bereits äußerst vorsichtig vorgehen -, dass sie Gegner sind, ganz gleich welcher Couleur. Sehr befreundet war ich dann mit dem Juden [Walter] Hecht - sein Vater war Rechtsanwalt, ihm selber ist es dann gelungen, nach England zu emigrieren - und habe mit ihm vereinbart, dass wir miteinander in Geheimverbindung bleiben, sodass ich nach England berichten kann an die österreichischen Emigranten dort bzw. umgekehrt Nachrichten von dort erhalte, wie die Sache weitergeht. Durch ungarische Bekannte war mir klar, dass von Budapest aus noch gewisse Verbindungen zum Ausland möglich waren, denn Budapest hatte eine freiere Stellung bei Hitler. Ich fuhr daher dann mehrfach mit dem Schiff oder auch mit dem Zug nach Budapest und habe durch Vertraute im Kynologen-, also Hundezüchterverband mit England korrespondiert, und zwar mit synthetischer Tinte einfach auf Karten, Postkarten, Briefen, Paketen, das Einpackpapier war imprägniert, und man hat das dort dann aufgelöst und konnte die Nachrichten lesen. [1]

Gemeinsam mit Jacob Kastelic und anderen war er dann Mitbegründer der Großösterreichischen Freiheitsbewegung, die sich durch weitgehend gewaltfreien Widerstand auszeichnete. Die erste entscheidende Zusammenkunft fand im November 1938 im Café Wunderer an der Hietzinger Brücke statt:

Wir trafen uns dann in Wien im Café "Wunderer" in Hietzing und haben dort vom Aufbau einer gemeinsamen Widerstandsbewegung gesprochen, einigten uns auf den Namen "Freiheitsbewegung" bzw. "Österreichische Freiheitsbewegung", später "Großösterreichische Freiheitsbewegung", weil man gedacht hat, der Aufstand soll Ungarn und die Tschechoslowakei und alles erfassen, wenn 's einmal soweit ist. Auf der Linie des Überparteilichen haben wir uns geeinigt. Meine Funktion war dabei Jugendberatung und staatsrechtliche Vorbereitung, d. h. neue Ideen auch in der Reform der Demokratie, damit nicht dasselbe wie vorher passiert und wieder irgendein Hitler daherkommt. [2]

Karl Rössel-Majdan, Foto aus dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes.

"Georg Michael", Karl Rössel-Majdans geheimer Deckname in der Widerstandsbewegung, unter dem er später auch seine Gedichte veröffentlichte, war zugleich Ausdruck der geistigen Gesinnung, die Karl Rössel-Majdan beseelte: mit dem michaelischen Feuerschwert des Geistes der drachengestaltigen Unmenschlichkeit und dem Ungeist der Zeit entgegenzutreten! Anläßlich seines 70. Geburtstages sprach Karl Rössel-Majdan über dieses Grundmotiv seines Lebens:

„Aufstand des Geistes!“ Warum habe ich das heute so genannt? Weil es mir, wenn ich einmal vor Ihnen persönlicher werden darf, eigentlich immer so vorkam, daß ich nichts anderes im Leben sah als einen Aufstand des Geistes gegen den Ungeist der Zeit. Manche empfinden das als aufrührerisch, viele waren mir böse, weil ich sie aus der Ruhe aufgerüttelt habe, einfach durch das Da-Sein oder So-Sein. Aber jeder hat eben sein Lebensgesetz, jeder tritt an nach seiner Schicksalsregel und die muß er nun leben können und immer ein Stück weiter kommen. Er muß sich in seiner Art weiterentwickeln, auch überwinden können. Es ist immer auch ein Aufstand gegen „Sich selbst“. Aber man kann ruhig sagen: ein Aufstand war es. Nicht ein Aufstand um des Aufstandes willen, sondern immer ein Aufstand aus dem tiefsten geistigen Erleben, aus dem tiefsten oft empörten Erleben über die Einschränkungen, über die Unterdrückung, die das Geistige in dieser Welt mitmachen muß. (Karl Rössel-Majdan: Aufstand des Geistes, Vortrag vom 2.12.1986)

1939 wurde Karl Rössel-Majdan zur Wehrmacht eingezogen und nach einer Verwundung in ein Lazarett eingeliefert, wo er laufend Informationen über Truppenbewegungen für die Widerstandsbewegung sammelte. Das führte schließlich am 22. Oktober 1940 zu seiner Verhaftung durch die Gestapo, nachdem die Widerstandsgruppe von Burgschauspieler Otto Hartmann verraten worden war. Karl Rössel-Majdans Mitgliedschaft konnte jedoch nicht bewiesen werden, da er in der Widerstandsbewegung nur unter seinem Decknamen Georg Michael geführt war. Während seiner Haft traf ihn ein schwerer Schicksalsschlag, als sein jüngerer Bruder Viktor nach schweren Misshandlungen in der NS-Haft starb. Am 29. Juni 1944 wurde Karl Rössel-Majdan vom Volksgerichtshof (dem sogenannten 2. "Blutsenat") daher "nur" wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Das war die höchste Haftstrafe, die zu dieser Zeit noch verhängt wurde; jedes höhere Strafmaß hätte automatisch die Köpfung bedeutet.

Im März 1945 gelang Karl Rössel-Majdan die Flucht aus dem Zwangsarbeitslager Wien-Lobau. Bis Kriegsende konnte er als „U-Boot“ bei einem Bekannten überleben und sich an den Kämpfen in Wien beteiligen. Lebensmittel erhielt er von seinem Vater, die von dessen Schülerin Hilde Rössel-Majdan stammten, die schon bald seine Frau werden sollte. 1946 wurde die gemeinsame Tochter Elisabeth geboren.

Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes, setzte sich Karl Rössel-Majdan gemeinsam mit Julius Breitenstein und seinem Vater, Professor Karl Rössel-Majdan, für die Neubegründung der Anthroposophischen Gesellschaft in Österreich ein, die sich 1938 nach dem Einmarsch Hitlers selbst aufgelöst hatte, um dem drohenden Verbot zu entgehen. Die Zeit drängte, denn durch Erlass der Besatzungsmächte gab es eine Frist, innerhalb derer die von Hitler verbotenen Gesellschaften wieder anzumelden waren. Die neubegründete Anthroposophische Gesellschaft in Österreich (1913) wurde jedoch auf Betreiben zahlreicher Anthroposophen in Österreich von der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft in Dornach nicht als Landesgesellschaft anerkannt, was für lange Zeit zu einer bedauerlichen Spaltung der anthroposophischen Bewegung in Österreich führte. Karl Rössel-Majdan erzählt dazu in seinen Lebenserinnerungen:

Die meisten hatten Angst, man soll doch nicht wieder anmelden, sie verstanden das nicht. Ich hab’s dann als früherer Widerstandskämpfer übernommen, ich brauchte ja keine Angst zu haben, in die Geheimpolizei zu gehen - während die anderen behaupteten, dann werden wir nach Sibirien verschleppt. Ich schlug mich also durch zum Chef der Geheimpolizei, General Cubienko, kam endlich durch die Posten bis zu diesem obersten Boss der Geheimpolizei, NKWD hieß es damals und hab’ ihm gesagt, was da los sei: Die Leute haben Angst, denn die Anthroposophie ist das Gegenteil vom Materialismus und Sie bekennen sich doch im Kommunismus zum Materialismus ... „Was is Anthroposophie“, fragte er in gebrochenem Deutsch. Ich hab’ ihm darauf versucht zu schildern, zu erklären, „die Realität einer geistigen Welt“, usw. Darauf schaut er mich so an und sagt dann auf einmal: „Cha, cha, cha, cha! Firrchten wirr nicht grroßes katholisches Kirche, werden wir firrchten kleines Verein ...“. Ich kam mit der Nachricht zurück und dann haben wir uns gesagt: „Also dann, liebe Freunde, gründen wir doch das ... Es hat doch wirklich keinen Sinn länger noch zuzuwarten.“ Und da war wieder Angst, bei vielen. Wir aber haben gesagt, wir fühlen die Verpflichtung, die geistige Verpflichtung Steiner gegenüber. Und wer nicht will, der kommt halt später, wenn er sieht, es passiert nichts. Wir wollen es jetzt einmal versuchen. Es passierte nichts. Aber im „Westen“ wurde eine andere Gesellschaft gegründet. Das war die Spaltung in Österreich ... Wir kamen dann drauf, daß es einige Mitglieder gab, die das Abzeichen der NSDAP hatten ... Dann war uns auf einmal die Angst klar. (Karl Rössel-Majdan: Aufstand des Geistes, Vortrag vom 2.12.1986)

Ab 1946 arbeitete Rössel-Majdan beim Rundfunk, dem späteren ORF, der damals noch der Kontrolle der Besatzungsmächte unterstand. In diese Zeit fällt auch der Ursprung seiner späteren gewerkschaftlichen Tätigkeit:

Da gab’s einmal einen „Wilden Streik“. In zehn Minuten wurde alles gewendet. Gestreikt wurde gegen die Besatzungsmacht, die Russen, gegen die Regierung, gegen die Gewerkschaft, gegen die Direktion, gegen die Parteien, die waren alle auf der Gegnerseite. Ein Heizer, eine Putzfrau und noch zwei drei so ganz armselige Armutschkerln haben zu mir gesagt: „Du warst bei der Widerstandsbewegung, hilf uns Du, da ist ein Unrecht geschehen!“ So kam es dazu. Da hab ich gesagt, dann müßt’ ihr’s halt durchsetzen. „Na ja, wie macht man des?“ Hab ich gesagt, so geht’s halt hin und sagt’s denen, wir tun nimmer mit. Das steigerte sich. Die fühlten sich alle stark, die ganze Kamarilla - „Kommt gar nicht in Frage!“ - also blieb ich zum Schluß über: Zanemann geh’ du voran! ... Ich war auf einmal Streikführer. Ein Mann beim Senderhebel, einer beim Tor unten und der wilde Streik war fertig. Ich kann’s nicht näher schildern, aber sie mußten kapitulieren. ( ) Und wir haben noch drei Tage durchgehalten. Keine Besatzungsmacht hat eingegriffen. Nächtliche Sitzung der Regierung, nächtliche Sitzung im ÖGB, keiner hat eingegriffen ... Ich bin also eigentlich, ursprünglich, als Gegner des ÖGB angetreten. (Karl Rössel-Majdan: Aufstand des Geistes, Vortrag vom 2.12.1986)

Beim Rundfunk wirkte Karl Rössel-Majdan zunächst als wissenschaftlicher Referent und in der Personalabteilung, später als Leiter der Abteilung für Rundfunkforschung und Hauptabteilungsleiter des Auslandsdienstes der Kurzwelle. Als Rundfunkforscher entwickelte er eine neue Form der Hörerstatistik, die auf den Ideen der Sozialen Dreigliederung Rudolf Steiners aufbaute. Studienreisen führten ihn später nach Palästina und 1953 in die USA, wo er insbesondere das Leben der Indianern studieren konnte.

1948 bereiste Karl Rössel-Majdan gemeinsam mit seiner Gattin mit dem Motorrad die Schweiz, wo er Marie Steiner noch kurz vor ihrem Tod besuchen konnte. Sein Vater war schon vorher hingefahren, um im Nachlassstreit um Rudolf Steiners Werke Marie Steiner beizustehen.

Karl Rössel-Majdan: Vom Wunder der menschlichen Stimme 1. Sprachgestaltung, Troxler Verlag, Wien 1975

Ab 1961 war Karl Rössel-Majdan auch in der Erwachsenenbildung tätig. Er hielt Vorträge zur Kulturgeschichte und entwickelte die von Rudolf Steiner begründete Sprachgestaltung in eigenständiger Form weiter. Er galt als engagierter Gewerkschafter und war sechzehn Jahre (1970-1986) Vorsitzender der Gewerkschaft Kunst, Medien, freie Berufe im ÖGB, daneben Generalsekretär der Arbeitsgemeinschaft für Kunst und Wissenschaft in Österreich, Vizepräsident der Österreichischen Künstlerunion. Auf Anregung seiner Tochter Elisabeth gründete Karl Rössel-Majdan 1972 das Comenius-Institut, wo seitdem seelenpflegebedürftige Menschen nach waldorfpädagogischer Methode betreut werden.

1967 begründete Karl Rössel-Majdan das Kuratorium für künstlerische und heilende Pädagogik, das er bis zu seinem Tod aktiv als Präsident leitete. Danach übernahm seine Tochter Elisabeth Rössel-Majdan die Leitung des Kuratoriums. Das Kuratorium ist der gemeinsame Rechtsträger einer Reihe privater waldorfpädagogischer Bildungseinrichtungen als Basis für ein freies Geistesleben. Durch die Initiative Karl Rössel-Majdans entstanden so:

Karl Rössel-Majdan setzte sich unermüdlich für die weitere Entfaltung der Anthroposophie in Österreich ein und griff insbesondere Steiners Ideen zur Sozialen Dreigliederung auf, um die Kultur als dritte unabhängige Kraft neben Wirtschaft und Politik im sozialen Leben zu stärken. Seit 1948, nach dem plötzlichen Tod seines Vaters, war Karl Rössel-Majdan Hauptvortragender der Anthroposophischen Gesellschaft in Österreich (1913). In seinen zahlreichen Vorträgen, Kursen, Seminaren und Rundfunksendungen wußte er die Menschen für seine Ideale durch seine lebendige, bildhafte und zugleich logisch präzise Sprache zu begeistern.

Karl Rössel-Majdan starb am 6. August 2000 in Wien.

Auszeichnungen

Werke

als Autor
  • Verlogene Demokratie. Zeitgemäße Betrachtungen auf Grund der Staats- und Gesellschaftsauffassung Jakob Burckhardts. Braumüller, Wien 1949.
  • „Ich bin der Mensch von heut ...“ Eine Auswahl besinnlicher und heiterer Verse. Europäischer Verlag, Wien 1950.
  • Das internationale Rundfunkrecht. Mit einem Abriß der Rundfunksoziologie. Dissertation an der Universität Wien, Wien 1952.
  • Der Rundfunk. Vorgeschichte und Wesen. Eine kulturwissenschaftliche Untersuchung. Braumüller, Wien 1953.
  • Ich und Uncle Sam, Verlag des Internationalen Studienzentrums, Wien 1956.
  • Rundfunk und Kulturpolitik. Ein Beitrag zur Kultursoziologie. Westdeutscher Verlag, Köln/Opladen 1962.
  • Vom offenbaren Geheimnis der Statistik, Vortrag vom 25.1.1966 (unveröffentlicht)
  • Vom Wunder der menschlichen Stimme. Sprachgestaltung. Troxler, Wien 1975.
  • Aufstand des Geistes, autobiografischer Vortrag, gehalten am 2.12.1986 in Wien (unveröffentlicht)
  • Österreichische Künstler-Union. Die Europäische Gemeinschaft und die Kultur. Ein Beitrag zur Orientierung der österreichischen Kulturpolitik. Hrsg. und Verleger: Österreichische Künstler-Union, Wien 1990.
  • Georg Michael 75 Karl Rössel-Majdan. Das lyrische Werk, Festschrift des Kuratoriums für künstlerische und heilende Pädagogik, Wien 1991
  • Vom Wunder der menschlichen Stimme. Stimmbildung (gemeinsam mit KS Hilde Rössel-Majdan), Kuratorium für künstlerische und heilende Pädagogik, Wien 2007.
als Herausgeber
  • Kultur als 3. Kraft. Leitlinien zur Kulturpolitik. Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, Wien 1980.
  • Waldorfpädagogik als Alternative. Intensivpädagogik in Kindergarten, Tagesheim, Internat und Schule. Festschrift aus Anlaß der Jubiläumstagung „10 Jahre Comenius-Institute“ (5.–11. Juni 1981). Hrsg. Kuratorium für Künstlerische und Heilende Pädagogik. Wien 1981.

Literatur

Weblinks