Oriphiel (Erzengel) und Tetraktys: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Odyssee
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
imported>Joachim Stiller
 
Zeile 1: Zeile 1:
'''Oriphiel''', den [[Rudolf Steiner]] auch den '''Engel des Zorns''' nennt, ist einer der 7 führenden [[Erzengel]], die über die [[Planetensphären]] herrschen. Sein [[Herrschaftsgebiete der Erzengel|Herrschaftsgebiet]] ist die [[Saturnsphäre]]. Oriphiel steht auch in engem Zusammenhang mit den Kräften des [[Alter Saturn|alten Saturn]], auf dem die Keime unserer [[Sinnesorgane]] veranlagt wurden. Die Oriphiel-Kräfte wirken darum auch stark auf die [[Sinnlichkeit]] des [[Menschen]]. Die Geheimnisse der Saturnsphäre, über die Oriphiel herrscht, vermag man allerdings erst zu schauen, wenn man das 63. Lebensjahr überschritten hat.
Die '''Tetraktys''' ([[Wikipedia:Altgriechische Sprache|griechisch]] τετρακτύς ''tetraktýs'' „Vierheit“ oder „Vierergruppe“) ist ein Begriff aus der Zahlenlehre der antiken [[Pythagoreer]]. Die Tetraktys spielte in der pythagoreischen [[Kosmologie]] und Musiktheorie eine zentrale Rolle, da man in der Tetraktys den Schlüssel zum Verständnis der [[Weltharmonie]] sah. Die [[Pythagoreer]] schworen sogar auf die Tetraktys:


<div style="margin-left:20px">
{{Zitat|Segne uns, geheiligte Zahl, du, die du Götter und Menschen erschaffen hast! Oh heilige, heilige Tetraktys, du umfasst die Wurzel und den Ursprung der ewig fließenden Schöpfung!}}
"Es gibt ja gewisse Geheimnisse der Weltenanschauung,
die nur zu durchschauen sind, wenn man ein ziemlich hohes Alter
erreicht hat. Die einzelnen Lebensalter lassen den Menschen, wenn man
im Besitze der Initiationswissenschaft ist, hinschauen auf die einzelnen
Geheimnisse des Daseins. So kann man zwischen dem einundzwanzigsten
und zweiundvierzigsten Lebensjahre hineinschauen in die Sonnenverhältnisse
- vorher nicht. So kann man zwischen dem zweiundvierzigsten
und neunundvierzigsten Jahre in die Marsgeheimnisse hineinschauen;
so zwischen dem neunundvierzigsten und sechsundfünfzigsten
Jahre in die Jupitergeheimnisse. Will man aber die Weltengeheimnisse
im Zusammenhange schauen, dann muß man das dreiundsechzigste Lebensjahr
überschritten haben. Daher würde ich gewisse Dinge, die ich
jetzt unverhohlen ausspreche, vorher nicht haben sagen können, bevor
ich eben in dieser Lage war. Denn will man das durchschauen, was sich
gerade auf die Michael-Geheimnisse bezieht, was ja von der geistigen
Region der Sonne aus wirkt, dann muß man von der Erde aus in die
Weltengeheimnisse hinaufschauen durch die Saturnweisheit. Dann muß
man jene Dämmerung in der geistigen Welt verspüren können, in ihr
leben können, die von dem den Saturn beherrschenden Oriphiel herrührt,
der zur Zeit des Mysteriums von Golgatha der führende Erzengel
war und der wieder der führende Erzengel sein wird, nachdem die
Michael-Zeit abgelaufen sein wird." {{Lit|{{G|240|194f}}}}
</div>


Seit dem [[Wikipedia:8. Jahrhundert|8. Jahrhundert]] haben sich die [[Planetenintelligenzen|planetarischen Intelligenzen]] unter der Führung Oriphiel zunehmend von der [[Sonnenintelligenz]] [[Michael (Erzengel)|Michaels]] emanzipiert und sind in Opposition zu ihm getreten.
Die pythagoräische [[Vierheit]] hängt laut [[Rudolf Steiner]] mit den vier grundlegenden [[Wesensglieder]]n des [[Mensch]]en zusammen ([[#Die Tetraktys und die vier Wesensglieder|siehe unten]]):


<div style="margin-left:20px">
{{GZ|Die pythagoräische Vierheit ist nichts anderes als diese Vierheit: [[physischer Leib]], [[Ätherleib]], [[Astralleib]] und [[Ich]].|55|73}}
"Nur als diese Jahrhunderte heraufkamen, das 8., 9., 10. Jahrhundert,
da geschah es eben, daß die planetarischen Intelligenzen Rechnung trugen
dem Umstände, daß die Erde sich verändert hatte, daß auch die
Sonne sich verändert hatte. Ja, das, was da draußen vor sich geht, was
die Astronomen beschreiben, das ist nur die Außenseite. Sie wissen:
Alle elf Jahre ungefähr haben wir eine Sonnenfleckenperiode; die
Sonne scheint so auf die Erde, daß gewisse Stellen dunkel sind, daß gewisse
Stellen fleckig sind. Das war nicht immer so. Die Sonne glänzte
in sehr alten Zeiten als eine gleichförmige Scheibe herunter, Sonnenflecken
waren nicht da. Und die Sonne wird nach Tausenden und
Tausenden von Jahren wesentlich viel mehr Flecken haben als heute, sie
wird immer fleckiger. Das ist immer die äußere Offenbarung dessen, daß
die Michael-Kraft, die kosmische Kraft der Intelligenz immer mehr abnimmt.
In dem Vermehren der Sonnenflecken durch die kosmische
Entwickelung zeigt sich der Verfall der Sonne; immer mehr zeigt sich
das Matterwerden, das Altwerden der Sonne im Kosmos. Und an dem
Auftreten einer genügend großen Anzahl von Sonnenflecken erkannten
die anderen planetarischen Intelligenzen, daß sie nicht mehr von
der Sonne beherrscht sein wollen. Sie nahmen sich vor, die Erde nicht
mehr von der Sonne abhängig sein zu lassen, sondern direkt vom gesamten
Kosmos. Das geschieht durch die planetarischen Ratschlüsse
der Archangeloi. Namentlich unter der Führung des Oriphiel geschieht
diese Emanzipierung der planetarischen Intelligenz von der Sonnenintelligenz.
Es war ein vollständiges Trennen von bis dahin zusammengehörigen
Weltgewalten. Die Sonnenintelligenz des Michael und die
planetarischen Intelligenzen gerieten nach und nach in kosmische
Opposition zueinander." {{Lit|{{G|237|170f}}}}
</div>


Die letzte [[Erzengel-Regentschaften|Erzengel-Regentschaft]] Oriphiels währte laut [[Rudolf Steiner]] von 200 v. Chr. - 150 n. Chr. Etwa um 2300 oder 2400 n. Chr. wird er mit einem neuen [[Oriphiel-Zeitalter]] die gegenwärtige Regentschaft [[Michael (Erzengel)|Michaels]] ablösen. Oriphiel-Zeitalter sind stets durch dramatische und für die [[Menschheitsentwicklung]] sehr entscheidende Ereignisse geprägt. Oriphiel bringt den [[Zorn Gottes]] {{Lit|{{G|266a|263}}}}.
== Geschichte ==
=== Antike ===
[[Datei:Bildx1.png|thumb|Tetraktys mit Punkten]]


<div style="margin-left:20px">
"Nach dem michaelischen kommt das Zeitalter Oriphiels. Das
wird ein böses, schlimmes Zeitalter sein, in dem alle furchtbaren
Kräfte des Egoismus, der Härte, der Roheit und Lieblosigkeit
entfesselt sein werden. Das Häuflein spiritualisierter Seelen hat
die Aufgabe, in diesem schlimmen Zeitalter einfließen zu lassen
die reine Wahrheit, Liebe und Güte und es so zu reinigen und
so die Welt voranzubringen, dem sechsten Schöpfungstag entgegen,
in dessen Morgenröte wir jetzt stehen." {{Lit|{{G|266a|258}}}}
</div>


<div style="margin-left:20px">
Als Tetraktys bezeichneten die Pythagoreer die Gesamtheit der Zahlen 1, 2, 3 und 4, deren Summe 10 ergibt. Da die [[Zehn]] ([[Wikipedia:Altgriechische Sprache|griechisch]] δεκάς ''dekás'' "Zehnzahl", "Zehnergruppe") die Summe der ersten vier Zahlen ist, nahm man an, dass die Vierheit die Zehn „erzeugt“. Der Zehn kam schon durch den Umstand, dass sie bei Griechen und „Barbaren“ (Nichtgriechen) gleichermaßen als Grundzahl des [[Wikipedia:Dezimalsystem|Dezimalsystem]]s diente, eine herausgehobene Rolle zu.<ref>Walter Burkert: ''Weisheit und Wissenschaft'', Nürnberg 1962, S. 64.</ref> Von den Pythagoreern wurde die Zehn überdies, wie [[Aristoteles]] berichtet, wegen ihres Zusammenhangs mit der Tetraktys als „etwas Vollkommenes“ betrachtet, das „das ganze Wesen der Zahlen umfasst“.<ref>Aristoteles: ''[[Wikipedia:Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]]'' 986a8-10.</ref> Daher wurde die Zehn auch „heilige Zahl“ genannt.<ref>Van der Waerden (1979) S. 457f.</ref> 
"Die Strahlenherrschaft Michaels wird wiederum abgelöst werden
von einem finstern, schrecklichen Zeitalter, das ums Jahr 2400
seinen Anfang nimmt. Schon heute hat zugleich mit Michael ein
finsterer Gott seine Herrschaft angetreten: der Gott [[Mammon]].


Der Mammon ist für den Okkultismus nicht nur der Gott des
[[Vier]] ist die [[Zahl des Kosmos]], die [[Zahl der Schöpfung]], der äußeren Erscheinungswelt überhaupt und manifestiert sich in den [[Raum|räumlichen]] und [[zeit]]lichen Gegebenheiten der [[Welt]], etwa in den vier [[Himmelsrichtungen]], den vier [[Jahreszeiten]] oder den vier [[Mond]]phasen.
Geldes. Er ist vielmehr der Führer aller niedrigen, schwarzen
Kräfte. Und seine Heerscharen greifen nicht nur die Menschenseelen
an, sondern auch die physischen Leiber der Menschen, um
sie zu zerfressen und zu verderben. Man redet heute nicht deshalb
so viel von Bazillen, weil man mehr davon weiß, sondern
deswegen, weil sie wirklich heute eine ganz besondere Gestalt
angenommen haben. Und in Zukunft werden sie in erschreckender
Weise überhandnehmen. Wenn jenes schwarze Zeitalter naht,
dann werden Bruderzwist und Bruderkrieg in grauenvoller Weise
wüten, und die armen Menschenleiber werden in furchtbarer
Art von Krankheiten und Seuchen befallen dahinsiechen. Das
Brandmal der Sünde wird für jedermann sichtbar den Menschenkörpern
aufgedrückt sein. Dann hat ein anderer Erzengel die
Herrschaft: Oriphiel. Er muß kommen, um die Menschen aufzurütteln,
durch grausame Qualen aufzurütteln zu ihrer wahren
Bestimmung. Und damit das in richtiger Weise geschehen kann,
muß heute schon ein kleines Häuflein Menschen vorbereitet
werden, damit es dann in vier- bis sechshundert Jahren im schwarzen
Zeitalter das esoterische Leben verbreiten und die Menschheit
leiten könnte.
Wer heute unter Michaels Herrschaft den Drang in sich fühlt,
mit teilzunehmen am geistigen Leben, der ist berufen, dem Erzengel
Michael zu dienen und unter ihm zu lernen, damit er einst
reif sei, auch dem furchtbaren Oriphiel in rechter Weise zu dienen.
Ein Opfer wird verlangt von denen, die sich einem höheren
Leben weihen wollen. Nur unter der Voraussetzung soll man das
geistige Leben empfangen und die Erweckung erleben wollen,
wenn man dafür später sich selbst, seinen Willen, alles nur im
Dienste der Menschheit anwenden will.


In vier- bis sechshundert Jahren wird das Häuflein Menschen,
Man kann in diesem Sinn auch von dem '''Pythagoräischen Viereck''' oder vom '''Pythagoräischen Quadrat''' sprechen, das seinerseits wieder mit dem [[Wikipedia:Kreis|Kreis]] als der vollkommensten aller [[Geometrie|geometrischen]] Figuren korrespondiert, denn das [[Wikipedia:Viereck|Viereck]] ist das einzige [[Wikipedia:Polygon|Polygon]], bei der die [[Wikipedia:Winkelsumme|Summe der Innenwinkel]] stets 360° beträgt, also einem vollen Kreisumlauf entspricht. Im Spezialfall des [[Wikipedia:Quadrat|Quadrat]]s setzt sich diese [[Wikipedia:Winkelsumme|Winkelsumme]] aus vier [[Wikipedia:Rechter Winkel|rechten Winkeln]] (90°) zusammen: 4 x 90° = 360°. Das [[Fünfeck]] hat bereits eine Winkelsumme von 3 x 180° = 540°, was 1½ Kreisumläufen entsprich, das [[Wikipedia:Sechseck|Sechseck]] 4 x 180° = 720° (2 Kreisumläufe) usw. Im allgemeinen Fall eines beliebigen n-Ecks beträgt die Winkelsumme <math> \sum {\alpha =}(n - 2) \cdot 180^\circ</math>.  
das heute dazu vorbereitet wird, dem Gotte Oriphiel dienen,
damit die Menschheit errettet werde. Wenn in jenem Zeitalter
solche Menschen die geistige Führung übernehmen wollten, die
nicht vorbereitet worden sind, standzuhalten in allen Stürmen und
Trotz zu bieten den Scharen des Mammon, so würden sie nicht
in der richtigen Weise dem Erzengel Oriphiel dienen können, und
die Menschheit würde nicht aus ihrem Elend emporgehoben werden.
Damit dies aber geschehe, müssen wir heute mit allem Ernste
arbeiten, um unsere Aufgaben dann in rechter Weise erfüllen
zu können.


Aber wenn die finsteren Mächte am schrecklichsten wüten, so
Die pythagoreische Kosmologie ging von der Annahme aus, dass der Kosmos nach mathematischen Regeln harmonisch geordnet ist. In dieser Weltdeutung war die Tetraktys ein Schlüsselbegriff, da sie die universelle Harmonie ausdrückte. Daher nahmen manche Pythagoreer an, dass es zehn bewegte Himmelskörper geben müsse, obwohl nur neun sichtbar waren – eine Spekulation, die ihnen Aristoteles verübelte.
leuchtet auch das hellste Licht. Schon einmal hat Oriphiel seine
Herrschaft innegehabt. Das war zur Zeit, als der Christus auf
Erden erschien. Damals herrschten überall auf Erden schlimme
Mächte des Verfalls und der Dekadenz. Und nur mit grausamen
Mitteln konnte das Menschengeschlecht emporgerüttelt werden.
Oriphiel wird der Engel des Zornes genannt, der mit starker
Hand die Menschheit reinigt.


Einen tiefen Sinn hat die Erzählung der Bibel, daß Christus
{{Zitat|Da sie die Zehn für die vollkommene Zahl halten und der Meinung sind, sie befasse die gesamte Natur der Zahlen in sich, so stellen sie die Behauptung auf, auch die Körper, die sich am Himmel umdrehen, seien zehn an der Zahl, und da uns nur neun in wirklicher Erfahrung bekannt sind, so erfinden sie sich einen zehnten in Gestalt der Gegenerde.|Aristoteles|''Metaphysik'' 986a10-15}}
die Geißel schwingt, um den Tempel von den Wechslern zu reinigen.
Damals, als es am dunkelsten war auf Erden, erschien der Christus als Retter der Menschheit. 109 Jahre nach Christi Erscheinen
war die Herrschaft Oriphiels zu Ende und ward abgelöst
durch Anael. Dann folgte Zachariel, dann Raphael. Zur Zeit
der Renaissance herrschte Samael, vom 16. Jahrhundert ab bis zum
November 1879 Gabriel. Dann trat Michael die Herrschaft an,
und um das Jahr 2400 wird wiederum Oriphiel, der furchtbare
Engel des Zorns, die Leitung übernehmen. Und wie einst wird
dann auch das geistige Licht hell und strahlend in die Dunkelheit
leuchten: der Christus wird wiederum auf Erden erscheinen,
wenn auch in anderer Gestalt als damals. Ihn zu empfangen, Ihm
zu dienen, dazu sind wir berufen." {{Lit|{{G|266a|283ff}}}}
</div>


Im positiven Sinn steht Oriphiel dafür, dass er uns grundsätzlich daran erinnert, ein ewiges Wesen zu sein. Er begleitet uns ständig und hilft, uns immer wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. Er gibt Kraft und Mut, alles durchzustehen und geleitet uns durch den Tod und empfängt uns im Geistsein als strahlendes spirituelles Licht!
Die Entdeckung der Weltharmonie wurde [[Pythagoras von Samos]], dem Begründer der pythagoreischen Tradition, zugeschrieben. Daher gab es bei den Pythagoreern eine Eidesformel, die lautete:
 
{{Zitat|Nein, bei dem, der unserer Seele die Tetraktys übergeben hat, welche die Quelle und Wurzel der ewig strömenden Natur enthält.}}
 
Mit demjenigen, der die Tetraktys übergab, war Pythagoras gemeint.
 
In den „[[Goldene Verse|Goldenen Versen]]“ (''carmen aureum''), einem in der Antike und dann erneut in der Renaissance populären Gedicht, das die pythagoreischen Lehren zusammenfasste, steht eine etwas abweichende Fassung der Formel (Verse 47 und 48):
 
{{Zitat|Ja, bei dem, der unserer Seele die Tetraktys übergeben hat, Quelle der ewig strömenden Natur.}}
 
Die Tetraktys wurde mit Zählsteinen (''psēphoi'') ausgedrückt, indem die vier Zahlen in Form eines gleichseitigen [[Wikipedia:Dreieck|Dreieck]]s übereinander angeordnet wurden:
 
<center>
{|
|-----
| &nbsp;&nbsp; || &nbsp;&nbsp; || &nbsp;&nbsp;
| ° || &nbsp;&nbsp; || &nbsp;&nbsp; || &nbsp;&nbsp;
|-----
|
||  || ° ||
|| °
|
||
|-----
|
|| ° || || ° || || ° ||
|-----
| ° || || ° ||
|| °
|
|| °
|}
</center>
 
Auch hierin lag eine Symbolik, da das gleichseitige Dreieck als eine vollkommene Figur galt. Die [[Zehn]] ist die vierte [[Wikipedia:Dreieckszahl|Dreieckszahl]]<ref name=Dreieckszahl>Ganz allgemein ist die n-te [[Wikipedia:Dreieckszahl|Dreieckszahl]] die Summe der ersten n [[Wikipedia:Natürliche Zahlen|natürlichen Zahlen]]. Die [[Wikipedia:Folge (Mathematik)|Folge]] der Dreieckszahlen beginnt also: 1, 3, 6, 10, 15, 21, 28, 36, 45, 55, 66, 78, 91, 105, 120, 136, ...</ref> und beinhaltet, wie [[Wikipedia:Pythagoras von Samos|Pythagoras von Samos]] meinte, das ganze [[Wikipedia:Dezimalsystem|dezimale]] Zahlensystem. Sie galt als vollkommen und heilig.
 
In der Musik stellten die Pythagoreer fest, dass die harmonischen Grundkonsonanzen [[Quarte]], [[Quinte]] und [[Oktave]], denen die Zahlenverhältnisse 4:3 (= 8:6), 3:2 (= 9:6) und 2:1 (= 12:6) zugeordnet wurden, mit den vier Zahlen der Tetraktys ausgedrückt werden können, ebenso wie auch zwei weitere Intervalle: die aus Oktave und Quinte bestehende [[Duodezime]] (3:1) und die Doppeloktave (4:1). Nur diese fünf Intervalle wurden als symphon anerkannt.<ref>Leonid Zhmud: ''Wissenschaft, Philosophie und Religion im frühen Pythagoreismus'', Berlin 1997, S. 184f. Eine der Hauptquellen ist [[Sextus Empiricus]], ''Adversus Mathematicos'' 4, 2−9.</ref> Die Undezime (8:3), die nicht in den Rahmen der Tetraktys passt, wurde also aufgrund einer theoretischen Überlegung von den konsonanten Intervallen ausgeschlossen, obwohl sie als konsonant oder zumindest nicht als dissonant wahrgenommen wird. Die Theorie der Tetraktys hatte Vorrang gegenüber der sinnlichen Wahrnehmung. Diese Vorgehensweise wurde von dem empirisch denkenden Musiktheoretiker [[Claudius Ptolemäus|Ptolemaios]] kritisiert.
 
Neben der Gruppe der Zahlen 1–4 gab es bei den Pythagoreern noch andere bedeutsame Vierergruppen von Zahlen, die ebenfalls Tetraktys genannt wurden. In der Musiktheorie war die Gruppe 6, 8, 9, 12 besonders wichtig, da diese Zahlen den unveränderlichen Saiten der [[Wikipedia:Lyra (Zupfinstrument)|Lyra]] (Hypate, Mese, Paramese, Nete) zugeordnet waren. Der Musiktheoretiker [[Wikipedia:Nikomachos von Gerasa|Nikomachos von Gerasa]] bezeichnet diese Gruppe daher als "erste" Tetraktys, wobei "erste" rangmäßig zu verstehen ist. Er gibt an, dass die 6 dem tiefsten Ton, der Hypate, entspricht, die 12 dem höchsten, der Nete.<ref>Barbara Münxelhaus: ''Pythagoras musicus'', Bonn 1976, S. 22-24, 26-28, 41, 71, 84f., 110, 185-191.</ref>
 
Auch in der Geometrie fand sich mit den vier Elementen Punkt, Linie (Länge), Fläche (Breite) und Körperlichkeit (Tiefe) eine Vierheit, die für die Pythagoreer auf die Tetraktys deutete. Der Punkt wurde der Eins, die Länge der Zwei, die Fläche der Drei und die Körperlichkeit der Vier zugeordnet.<ref>Sextus Empiricus: ''Adversus Mathematicos'' 4,4–6.</ref>
 
Der jüdische Gelehrte [[Wikipedia:Philon von Alexandria|Philon von Alexandria]] verwendete das Tetraktys-Konzept bei der Kommentierung des Buches [[Wikipedia:1. Buch Mose|Genesis]]. Er bezog es auf die Erschaffung der Gestirne am vierten Schöpfungstag.
 
=== Mittelalter ===
 
Die auf dem Tetraktys-Konzept fußende pythagoreische Konsonanzlehre prägte die [[mittelalter|mittelalter]]liche [[Musik]]theorie weitgehend. Die abweichende Auffassung des Ptolemaios war ebenfalls bekannt, da der spätantike Gelehrte [[Wikipedia:Boëthius|Boëthius]] sie im fünften Buch seiner Schrift ''De institutione musica'' dargelegt hatte. Die Frage der Einbeziehung der Undezime in die Gruppe der Konsonanzen wurde kontrovers erörtert, wobei die pythagoreische Auffassung überwog.<ref>Münxelhaus (1976) S. 88-94.</ref>
 
=== Neuzeit ===
 
[[Nikolaus von Kues]] vertrat in seiner Schrift ''De coniecturis'' (1440) die Auffassung, dass in den Zahlen 1, 2, 3 und 4 und ihren Kombinationen alle Harmonie bestehe; er berief sich aber nicht ausdrücklich auf die pythagoreische Tradition.<ref>''De coniecturis'' II.2 (83); siehe dazu Werner Schulze: ''Harmonik und Theologie bei Nikolaus Cusanus'', Wien 1983, S. 70f.</ref> Der Humanist [[Wikipedia:Johannes Reuchlin|Johannes Reuchlin]] verglich in seinem 1494 erschienenen Werk ''De verbo mirifico'' (''Über das Wunder wirkende Wort'') das Tetragramm, das den Gottesnamen [[JHWH]] darstellt, mit der Tetraktys. [[Raffael]] gab sie auf seinem [[Wikipedia:Fresko|Fresko]] ''[[Die Schule von Athen]]'' auf einer Tafel wieder. Auch [[Johannes Kepler]] hat sich in seinem 1619 erschienenen Werk ''Harmonice mundi'' mit der Tetraktys befasst.
 
== Die Tetraktys und die vier Wesensglieder ==
 
{{GZ|Das, was wir mit
Augen sehen, mit den Sinnen äußerlich wahrnehmen können,
das, was der Materialismus als das einzige Wesen
der Natur betrachtet, ist der Geistesforschung nichts anderes
als das erste Glied der menschlichen Wesenheit: der
[[physischer Leib|physische Leib]]. Wir wissen, daß dieser in bezug auf seine
Stoffe und Gesetze dem Menschen mit der ganzen übrigen
leblosen Welt gemeinsam ist. Wir wissen aber auch, daß
dieser physische Körper aufgerufen wird zum Leben durch
das, was wir den sogenannten [[Ätherleib|Äther]]- oder [[Lebensleib]]
nennen; und wir wissen dies, weil für die geistige Forschung
dieser Lebensleib nicht eine Spekulation, sondern eine Wirklichkeit
ist, die erschaut werden kann, wenn der Mensch die
höheren Sinne, die in ihm schlummern, in sich eröffnet hat.
Wir betrachten den zweiten Teil der menschlichen Wesenheit,
den Ätherleib, als etwas, was der Mensch gemeinschaftlich
hat mit der übrigen Pflanzenwelt. Als das dritte
Glied der menschlichen Wesenheit betrachten wir den [[Astralleib]],
den Träger von Lust und Unlust, von Begierde und
Leidenschaft, den der Mensch mit der Tierheit gemeinsam
hat. Und dann sehen wir, daß des Menschen Selbstbewußtsein,
die Möglichkeit, zu sich «[[Ich]]» zu sagen, die Krone der
Menschennatur ist, die er mit keinem anderen Wesen gemeinsam
hat; daß dieses Ich als die Blüte der drei Leiber,
des physischen, Äther- und Astralleibes hervorgeht. So
sehen wir einen Zusammenhang dieser vier Glieder, auf
welchen die Geistesforschung immer hingewiesen hat. Die
pythagoräische Vierheit ist nichts anderes als diese Vierheit:
[[physischer Leib]], [[Ätherleib]], [[Astralleib]] und [[Ich]]. Diejenigen,
die sich tiefer mit Theosophie beschäftigt haben, wissen, daß
dieses Ich aus sich selber herausarbeitet, was wir das [[Geistselbst]]
oder [[Manas]], den [[Lebensgeist]] oder [[Buddhi]] und den
eigentlichen [[Geistmensch]]en oder [[Atma]] nennen.|55|73f}}
 
{{GZ|So setzt sich der vierfache Mensch zusammen. Das ist das '''Quadrat der Pythagoreer''':
 
# Das Rückenmark und das Gehirn sind das Organ des Ich.
# Das warme Blut und das Herz sind das Organ des Kama (Astralleib).
# Der Solarplexus (Sonnengeflecht) ist das Organ des Ätherkörpers.
# Der eigentliche physische Körper ist ein komplizierter physikalischer Apparat.
 
So hat man den Menschen vierfach aufgebaut.|93a|90}}
 
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Tetraktys}}
* {{Freimaurer|Tetraktys}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Charles H. Kahn: ''Pythagoras and the Pythagoreans'', Indianapolis 2001, S. 31-36, 84f. ISBN 0-87220-576-2
* [[Wikipedia:Bartel Leendert van der Waerden|Bartel Leendert van der Waerden]]: ''Die Pythagoreer'', Zürich 1979, S. 103-109 ISBN 3-7608-3650-X
* Paul Kucharski: ''Etude sur la doctrine pythagoricienne de la tétrade'', Paris 1952
* Armand Delatte: ''Etudes sur la littérature pythagoricienne'', Paris 1915 [S. 249-268: Kapitel ''La tétractys pythagoricienne'']
* Theo Reiser: ''Das Geheimnis der pythagoreischen Tetraktys'', Lambert Schneider, Heidelberg 1967
* Rudolf Steiner: ''Die Erkenntnis des Übersinnlichen in unserer Zeit'', [[GA 55]] (1983), ISBN 3-7274-0550-3 {{Vorträge|055}}
* Rudolf Steiner: ''Grundelemente der Esoterik'', [[GA 93a]] (1987), ISBN 3-7274-0935-5 {{Vorträge|093a}}
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/zahlenmystik2a.pdf Einführung in die Zahlenmystik - Teil II] PDF
{{GA}}


#Rudolf Steiner: ''Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge. Dritter Band: Die karmischen Zusammenhänge der anthroposophischen Bewegung'', [[GA 237]] (1982)
== Weblinks ==
#Rudolf Steiner: ''Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge. Sechster Band'', [[GA 240]] (1992), ISBN 3-7274-2401-X {{Vorträge|240}}
{{Wiktionary}}
#Rudolf Steiner: ''Aus den Inhalten der esoterischen Stunden, Band I: 1904 – 1909'', [[GA 266/1]] (1995), ISBN 3-7274-2661-6 {{Schule|266}}
* [http://tetraktys.de/ Tetraktys-Interpretation] von Holger Ullmann


{{GA}}
== Einzelnachweise ==
<references/>
 
[[Kategorie:Formsymbol]] [[Kategorie:Zahlen]] [[Kategorie:Wesensglieder]] [[Kategorie:Zehnheit]]


[[Kategorie:Geistige Wesen]] [[Kategorie:Hierarchien]] [[Kategorie:Erzengel]]
{{Wikipedia}}

Version vom 10. Mai 2019, 20:47 Uhr

Die Tetraktys (griechisch τετρακτύς tetraktýs „Vierheit“ oder „Vierergruppe“) ist ein Begriff aus der Zahlenlehre der antiken Pythagoreer. Die Tetraktys spielte in der pythagoreischen Kosmologie und Musiktheorie eine zentrale Rolle, da man in der Tetraktys den Schlüssel zum Verständnis der Weltharmonie sah. Die Pythagoreer schworen sogar auf die Tetraktys:

„Segne uns, geheiligte Zahl, du, die du Götter und Menschen erschaffen hast! Oh heilige, heilige Tetraktys, du umfasst die Wurzel und den Ursprung der ewig fließenden Schöpfung!“

Die pythagoräische Vierheit hängt laut Rudolf Steiner mit den vier grundlegenden Wesensgliedern des Menschen zusammen (siehe unten):

„Die pythagoräische Vierheit ist nichts anderes als diese Vierheit: physischer Leib, Ätherleib, Astralleib und Ich.“ (Lit.:GA 55, S. 73)

Geschichte

Antike

Tetraktys mit Punkten


Als Tetraktys bezeichneten die Pythagoreer die Gesamtheit der Zahlen 1, 2, 3 und 4, deren Summe 10 ergibt. Da die Zehn (griechisch δεκάς dekás "Zehnzahl", "Zehnergruppe") die Summe der ersten vier Zahlen ist, nahm man an, dass die Vierheit die Zehn „erzeugt“. Der Zehn kam schon durch den Umstand, dass sie bei Griechen und „Barbaren“ (Nichtgriechen) gleichermaßen als Grundzahl des Dezimalsystems diente, eine herausgehobene Rolle zu.[1] Von den Pythagoreern wurde die Zehn überdies, wie Aristoteles berichtet, wegen ihres Zusammenhangs mit der Tetraktys als „etwas Vollkommenes“ betrachtet, das „das ganze Wesen der Zahlen umfasst“.[2] Daher wurde die Zehn auch „heilige Zahl“ genannt.[3]

Vier ist die Zahl des Kosmos, die Zahl der Schöpfung, der äußeren Erscheinungswelt überhaupt und manifestiert sich in den räumlichen und zeitlichen Gegebenheiten der Welt, etwa in den vier Himmelsrichtungen, den vier Jahreszeiten oder den vier Mondphasen.

Man kann in diesem Sinn auch von dem Pythagoräischen Viereck oder vom Pythagoräischen Quadrat sprechen, das seinerseits wieder mit dem Kreis als der vollkommensten aller geometrischen Figuren korrespondiert, denn das Viereck ist das einzige Polygon, bei der die Summe der Innenwinkel stets 360° beträgt, also einem vollen Kreisumlauf entspricht. Im Spezialfall des Quadrats setzt sich diese Winkelsumme aus vier rechten Winkeln (90°) zusammen: 4 x 90° = 360°. Das Fünfeck hat bereits eine Winkelsumme von 3 x 180° = 540°, was 1½ Kreisumläufen entsprich, das Sechseck 4 x 180° = 720° (2 Kreisumläufe) usw. Im allgemeinen Fall eines beliebigen n-Ecks beträgt die Winkelsumme .

Die pythagoreische Kosmologie ging von der Annahme aus, dass der Kosmos nach mathematischen Regeln harmonisch geordnet ist. In dieser Weltdeutung war die Tetraktys ein Schlüsselbegriff, da sie die universelle Harmonie ausdrückte. Daher nahmen manche Pythagoreer an, dass es zehn bewegte Himmelskörper geben müsse, obwohl nur neun sichtbar waren – eine Spekulation, die ihnen Aristoteles verübelte.

„Da sie die Zehn für die vollkommene Zahl halten und der Meinung sind, sie befasse die gesamte Natur der Zahlen in sich, so stellen sie die Behauptung auf, auch die Körper, die sich am Himmel umdrehen, seien zehn an der Zahl, und da uns nur neun in wirklicher Erfahrung bekannt sind, so erfinden sie sich einen zehnten in Gestalt der Gegenerde.“

Aristoteles: Metaphysik 986a10-15

Die Entdeckung der Weltharmonie wurde Pythagoras von Samos, dem Begründer der pythagoreischen Tradition, zugeschrieben. Daher gab es bei den Pythagoreern eine Eidesformel, die lautete:

„Nein, bei dem, der unserer Seele die Tetraktys übergeben hat, welche die Quelle und Wurzel der ewig strömenden Natur enthält.“

Mit demjenigen, der die Tetraktys übergab, war Pythagoras gemeint.

In den „Goldenen Versen“ (carmen aureum), einem in der Antike und dann erneut in der Renaissance populären Gedicht, das die pythagoreischen Lehren zusammenfasste, steht eine etwas abweichende Fassung der Formel (Verse 47 und 48):

„Ja, bei dem, der unserer Seele die Tetraktys übergeben hat, Quelle der ewig strömenden Natur.“

Die Tetraktys wurde mit Zählsteinen (psēphoi) ausgedrückt, indem die vier Zahlen in Form eines gleichseitigen Dreiecks übereinander angeordnet wurden:

         °         
° °
° ° °
° ° ° °

Auch hierin lag eine Symbolik, da das gleichseitige Dreieck als eine vollkommene Figur galt. Die Zehn ist die vierte Dreieckszahl[4] und beinhaltet, wie Pythagoras von Samos meinte, das ganze dezimale Zahlensystem. Sie galt als vollkommen und heilig.

In der Musik stellten die Pythagoreer fest, dass die harmonischen Grundkonsonanzen Quarte, Quinte und Oktave, denen die Zahlenverhältnisse 4:3 (= 8:6), 3:2 (= 9:6) und 2:1 (= 12:6) zugeordnet wurden, mit den vier Zahlen der Tetraktys ausgedrückt werden können, ebenso wie auch zwei weitere Intervalle: die aus Oktave und Quinte bestehende Duodezime (3:1) und die Doppeloktave (4:1). Nur diese fünf Intervalle wurden als symphon anerkannt.[5] Die Undezime (8:3), die nicht in den Rahmen der Tetraktys passt, wurde also aufgrund einer theoretischen Überlegung von den konsonanten Intervallen ausgeschlossen, obwohl sie als konsonant oder zumindest nicht als dissonant wahrgenommen wird. Die Theorie der Tetraktys hatte Vorrang gegenüber der sinnlichen Wahrnehmung. Diese Vorgehensweise wurde von dem empirisch denkenden Musiktheoretiker Ptolemaios kritisiert.

Neben der Gruppe der Zahlen 1–4 gab es bei den Pythagoreern noch andere bedeutsame Vierergruppen von Zahlen, die ebenfalls Tetraktys genannt wurden. In der Musiktheorie war die Gruppe 6, 8, 9, 12 besonders wichtig, da diese Zahlen den unveränderlichen Saiten der Lyra (Hypate, Mese, Paramese, Nete) zugeordnet waren. Der Musiktheoretiker Nikomachos von Gerasa bezeichnet diese Gruppe daher als "erste" Tetraktys, wobei "erste" rangmäßig zu verstehen ist. Er gibt an, dass die 6 dem tiefsten Ton, der Hypate, entspricht, die 12 dem höchsten, der Nete.[6]

Auch in der Geometrie fand sich mit den vier Elementen Punkt, Linie (Länge), Fläche (Breite) und Körperlichkeit (Tiefe) eine Vierheit, die für die Pythagoreer auf die Tetraktys deutete. Der Punkt wurde der Eins, die Länge der Zwei, die Fläche der Drei und die Körperlichkeit der Vier zugeordnet.[7]

Der jüdische Gelehrte Philon von Alexandria verwendete das Tetraktys-Konzept bei der Kommentierung des Buches Genesis. Er bezog es auf die Erschaffung der Gestirne am vierten Schöpfungstag.

Mittelalter

Die auf dem Tetraktys-Konzept fußende pythagoreische Konsonanzlehre prägte die mittelalterliche Musiktheorie weitgehend. Die abweichende Auffassung des Ptolemaios war ebenfalls bekannt, da der spätantike Gelehrte Boëthius sie im fünften Buch seiner Schrift De institutione musica dargelegt hatte. Die Frage der Einbeziehung der Undezime in die Gruppe der Konsonanzen wurde kontrovers erörtert, wobei die pythagoreische Auffassung überwog.[8]

Neuzeit

Nikolaus von Kues vertrat in seiner Schrift De coniecturis (1440) die Auffassung, dass in den Zahlen 1, 2, 3 und 4 und ihren Kombinationen alle Harmonie bestehe; er berief sich aber nicht ausdrücklich auf die pythagoreische Tradition.[9] Der Humanist Johannes Reuchlin verglich in seinem 1494 erschienenen Werk De verbo mirifico (Über das Wunder wirkende Wort) das Tetragramm, das den Gottesnamen JHWH darstellt, mit der Tetraktys. Raffael gab sie auf seinem Fresko Die Schule von Athen auf einer Tafel wieder. Auch Johannes Kepler hat sich in seinem 1619 erschienenen Werk Harmonice mundi mit der Tetraktys befasst.

Die Tetraktys und die vier Wesensglieder

„Das, was wir mit Augen sehen, mit den Sinnen äußerlich wahrnehmen können, das, was der Materialismus als das einzige Wesen der Natur betrachtet, ist der Geistesforschung nichts anderes als das erste Glied der menschlichen Wesenheit: der physische Leib. Wir wissen, daß dieser in bezug auf seine Stoffe und Gesetze dem Menschen mit der ganzen übrigen leblosen Welt gemeinsam ist. Wir wissen aber auch, daß dieser physische Körper aufgerufen wird zum Leben durch das, was wir den sogenannten Äther- oder Lebensleib nennen; und wir wissen dies, weil für die geistige Forschung dieser Lebensleib nicht eine Spekulation, sondern eine Wirklichkeit ist, die erschaut werden kann, wenn der Mensch die höheren Sinne, die in ihm schlummern, in sich eröffnet hat. Wir betrachten den zweiten Teil der menschlichen Wesenheit, den Ätherleib, als etwas, was der Mensch gemeinschaftlich hat mit der übrigen Pflanzenwelt. Als das dritte Glied der menschlichen Wesenheit betrachten wir den Astralleib, den Träger von Lust und Unlust, von Begierde und Leidenschaft, den der Mensch mit der Tierheit gemeinsam hat. Und dann sehen wir, daß des Menschen Selbstbewußtsein, die Möglichkeit, zu sich «Ich» zu sagen, die Krone der Menschennatur ist, die er mit keinem anderen Wesen gemeinsam hat; daß dieses Ich als die Blüte der drei Leiber, des physischen, Äther- und Astralleibes hervorgeht. So sehen wir einen Zusammenhang dieser vier Glieder, auf welchen die Geistesforschung immer hingewiesen hat. Die pythagoräische Vierheit ist nichts anderes als diese Vierheit: physischer Leib, Ätherleib, Astralleib und Ich. Diejenigen, die sich tiefer mit Theosophie beschäftigt haben, wissen, daß dieses Ich aus sich selber herausarbeitet, was wir das Geistselbst oder Manas, den Lebensgeist oder Buddhi und den eigentlichen Geistmenschen oder Atma nennen.“ (Lit.:GA 55, S. 73f)

„So setzt sich der vierfache Mensch zusammen. Das ist das Quadrat der Pythagoreer:

  1. Das Rückenmark und das Gehirn sind das Organ des Ich.
  2. Das warme Blut und das Herz sind das Organ des Kama (Astralleib).
  3. Der Solarplexus (Sonnengeflecht) ist das Organ des Ätherkörpers.
  4. Der eigentliche physische Körper ist ein komplizierter physikalischer Apparat.

So hat man den Menschen vierfach aufgebaut.“ (Lit.:GA 93a, S. 90)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

 Wiktionary: Tetraktys – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Walter Burkert: Weisheit und Wissenschaft, Nürnberg 1962, S. 64.
  2. Aristoteles: Metaphysik 986a8-10.
  3. Van der Waerden (1979) S. 457f.
  4. Ganz allgemein ist die n-te Dreieckszahl die Summe der ersten n natürlichen Zahlen. Die Folge der Dreieckszahlen beginnt also: 1, 3, 6, 10, 15, 21, 28, 36, 45, 55, 66, 78, 91, 105, 120, 136, ...
  5. Leonid Zhmud: Wissenschaft, Philosophie und Religion im frühen Pythagoreismus, Berlin 1997, S. 184f. Eine der Hauptquellen ist Sextus Empiricus, Adversus Mathematicos 4, 2−9.
  6. Barbara Münxelhaus: Pythagoras musicus, Bonn 1976, S. 22-24, 26-28, 41, 71, 84f., 110, 185-191.
  7. Sextus Empiricus: Adversus Mathematicos 4,4–6.
  8. Münxelhaus (1976) S. 88-94.
  9. De coniecturis II.2 (83); siehe dazu Werner Schulze: Harmonik und Theologie bei Nikolaus Cusanus, Wien 1983, S. 70f.


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Tetraktys aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.