Gegebenes

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Als Gegebenes kann ganz allgemein alles bezeichnet werden, das dem Menschen ohne eigenes Zutun fertig gegeben wird. Das ist insbesondere bei der reinen Wahrnehmung der Fall, insofern diese noch nicht durch das eigene aktive Denken mit Begriffen durchsetzt ist. Ob es sich dabei um eine bloße Erscheinung oder um ein wirkliches Sein handelt, kann auf dieser Ebene noch nicht entschieden werden. Rudolf Steiner spricht in diesem Zusammenhang auch von dem «unmittelbar gegeben Weltbild».

„In diesem unmittelbar gegebenen Weltinhalt ist nun alles eingeschlossen, was überhaupt innerhalb des Horizontes unserer Erlebnisse im weitesten Sinne auftauchen kann: Empfindungen, Wahrnehmungen, Anschauungen, Gefühle, Willensakte, Traum- und Phantasiegebilde, Vorstellungen, Begriffe und Ideen.

Auch die Illusionen und Halluzinationen stehen auf dieser Stufe ganz gleichberechtigt da mit anderen Teilen des Weltinhalts. Denn welches Verhältnis dieselben zu anderen Wahrnehmungen haben, das kann erst die erkennende Betrachtung lehren.“ (Lit.:GA 3, S. 55)

Zu dem unmittelbar Gegebenen rechnet Rudolf Steiner hier auch Vorstellungen, Begriffe und Ideen. Sie existieren zwar grundsätzlich nur als Ergebnis eines Erkenntnisprozesses, erscheinen aber als gegeben, insofern sie nicht bewusst durch das eigene Denken aktuell hervorgebracht, sondern fertig dem Gedächtnis entnommen werden.

Tatsächlich haben wir es nur selten mit dem oben genannten unmittelbar gegeben Weltbild zu tun. Wenn wir etwa einen Stein, ein Rose, einen Hund usw. als Stein, Rose oder Hund wahrnehmen, und nicht als bloßes Aggregat von Sinneseindrücken, so ist diese Wahrnehmung bereits mit entsprechenden Begriffen durchsetzt. Diese Begriffe müssen wir erst aussondern, um zu dem der sinnlichen Wahrnehmung unmittelbar Gegebenen zu kommen. Die Grenze zwischen dem Gegebenen und dem Erkannten ist also nicht von vornherein fertig gegeben, sondern muss künstlich immer wieder neu gezogen werden.

„Die Grenze zwischen Gegebenem und Erkanntem wird überhaupt mit keinem Augenblicke der menschlichen Entwicklung zusammenfallen, sondern sie muß künstlich gezogen werden. Dies aber kann auf jeder Entwicklungsstufe geschehen, wenn wir nur den Schnitt zwischen dem, was ohne gedankliche Bestimmung vor dem Erkennen an uns herantritt, und dem, was durch letzteres erst daraus gemacht wird, richtig führen.“ (Lit.:GA 3, S. 48f)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.