Märchen und Franco Volpi: Unterschied zwischen den Seiten

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[[File:Theodor Hosemann Illustration Hochzeit.jpg|mini|400px|[[Wikipedia:Theodor Hosemann|Theodor Hosemann]], Illustration zu dem Märchen: ''Die Hochzeit eines jungen Königspaares begleitet von Engeln und Zwergen.'' Aquarell über schwarzem Stift, auf Velin.]]
'''Franco Volpi''' (* [[1952]] in Vicenza; † [[14. April]] [[2009]] ebenda) war ein italienischer Philosoph und Philosophiehistoriker.
[[Bild:Louvre 032008 48.jpg|thumb|250px|Ägyptische Sphinx]]
[[Datei:Schneeweisschen und Rosenrot2.jpg|thumb|250px|Schneeweißchen und Rosenrot, Darstellung von [[Wikipedia:Alexander Zick|Alexander Zick]]]]
[[Datei:Schneewittchen2.jpg|miniatur|250px|Der Prinz an Schneewittchens Glassarg, Illustration von Alexander Zick (1886)]]
'''Märchen''' ([[Wikipedia:Mittelhochdeutsch|mhd.]] Maere = ''Kunde, Bericht, Nachricht'') sind auf den ersten Blick [[Phantasie|fantastisch]] erscheinende Geschichten, in denen aber vielfach Nachklänge des alten naturhaften [[Hellsehen]]s zu finden sind.
Sie können wie die [[Mythen]] Ausdruck geistiger Wahrheiten sein.


== Märchen als Reste des alten Hellsehens ==
== Leben ==
Franco Volpi war Professor für [[Philosophiegeschichte]] an der Universität Padua. Er hatte Gastprofessuren an den Universitäten Laval, Quebec (1999), Poitiers (1990), Nizza (1993) und Luzern  inne.<ref>[http://www.repubblica.it/2009/04/sezioni/spettacoli_e_cultura/strega-del-giudice/volpi-morto/volpi-morto.html Sergio Givone, Addio a Franco Volpi la filosofia come passione critica, La repubblica, 15 April 2009.]</ref>


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Sein Forschungsschwerpunkt war die [[Deutsche Philosophie]]. Er galt als Experte für die Werke von [[Arthur Schopenhauer]] und [[Martin Heidegger]] und schätzte den kolumbianischen Autor [[Nicolás Gómez Dávila]], dessen Werke von Volpi in [[Europa]] und [[Lateinamerika]] bekannt gemacht wurden. Volpi war außerdem Herausgeber philosophischer Handbücher (1988 ''Lexikon der philosophischen Werke''; 1999 ''Großes Werklexikon der Philosophie'') und renommierter Übersetzer deutscher Philosophen, u.&nbsp;a. von [[Hans Georg Gadamer|Gadamer]], Heidegger, Schopenhauer, [[Carl Schmitt]], [[Ernst Jünger]] und [[Rosa Luxemburg]]. Er war Mitarbeiter der Zeitung „[[La Repubblica]]“ und Redaktionsmitglied der wissenschaftlichen Fachzeitschriften [[Philosophischer Literaturanzeiger]], [[Brentano Studien]], [[Husserl Studien]], [[Les Etudes Philosophiques]], [[Internationale Zeitschrift für Philosophie]], [[Iride]], [[Filosofia politica]] und [[Informazione filosofica]].
"Die Märchen sind nirgends ausgedacht, sind die letzten Reste des alten Hellsehens, die von den Menschen,
welche noch die Kräfte dafür hatten, im Traume erlebt waren. Was im
Traume gesehen wurde, das wurde erzählt, so wie das Märchen vom
gestiefelten Kater, das nur eine Umbildung ist des Märchens, das ich
Ihnen heute erzählte. Alle Märchen waren schließlich vorhanden als
letzte Reste des ursprünglichen Hellsehens. Daher kann ein wirkliches
Märchen nur entstehen, wenn - entweder bewußt oder unbewußt - in
der Seele des Märchendichters die Imagination vorhanden ist, die sich
hineinprojiziert in die Seele, sonst ist es nicht richtig. Ein beliebig ausgedachtes
Märchen kann nie richtig sein. Wenn heute noch da oder dort
durch irgendeinen Menschen ein wirkliches Märchen entsteht, so entsteht
es auch nicht anders als dadurch, daß in dem Menschen die Sehnsucht
erwacht nach den alten Zeiten, welche die Menschheit einstmals
durchgemacht hat. Diese Sehnsucht ist vorhanden, nur schleicht sie sich
manchmal in gar verborgene Seelentiefen ein, und der Mensch verkennt
in dem, was er bewußt schaffen kann, oft sehr, wie vieles aus den verborgenen
Tiefen des Seelenlebens heraufkommt, und wie vieles nur
durch das entstellt ist, was der Mensch mit seinem gegenwärtigen
Bewußtsein machen kann." {{Lit|{{G|127|207f}}}}
</div>


In der [[Urindische Kultur|urindischen Kultur]] war das alte Hellsehen noch weit verbreitet. Es ist daher nicht verwunderlich, ...
Volpi war – nicht nur wegen seiner reichen Übersetzungstätigkeit – über viele Jahre einer der wichtigsten Vermittler zwischen der deutsch- und der italienischsprachigen Philosophie. So lehrte Volpi mehrere Semester an der [[Universität Witten/Herdecke]], war aktiv in wissenschaftlichen Austauschprogrammen der [[Alexander von Humboldt-Stiftung]] und des [[Deutscher Akademischer Austauschdienst|Deutschen Akademischen Austauschdiensts]] und wurde häufig zu Einzelvorträgen und auf Tagungen an deutschen und schweizerischen Universitäten eingeladen.
Volpi starb an den Folgen eines Fahrradunfalls.<ref>[http://www.ruhrnachrichten.de/nachrichten/kultur/kulturwelt/art617,535761 „Italienischer Philosoph Franco Volpi gestorben“], Ruhr Nachrichten, 15. April 2009</ref>


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== Publikationen ==
"... daß weitaus die größte Zahl aller Märchen,
*''Heidegger e Brentano. L’aristotelismo e il problema dell’univocità dell’essere nella formazione filosofica del giovane Martin Heidegger'', Cedam, Padova, 1976, pp. 144
Sagen und Fabeln eigentlich ursprünglich auf Indien zurückführen.
*''La rinascita della filosofia pratica in Germania'', Francisci, Abano/Padova, 1980
Wenn Sie die Tierfabeln und sonstigen Märchenerzählungen der
*''Filosofia pratica e scienza politica'', Francisci, Abano/Padova, 1980, pp. 180 (con Carlo Natali, Laura Iseppi, Claudio Pacchiani)
verschiedensten Länder Europas durchgehen, so werden Sie zwar
*''Heidegger e Aristotele'', Daphne, Padova, 1984, pp. 226
kleinere oder größere Veränderungen vorfinden, Sie werden aber
*''Lexikon der philosophischen Werke'', Kröner, Stuttgart, 1988
sehen, daß der Grundstock vieler europäischer Märchen sich in den
*''Sulla fortuna del concetto di decadence nella cultura tedesca: Nietzsche e le sue fonti francesi'', Il Mulino, Bologna, 1995
alten indischen Büchern findet. Das ist für uns nicht zu verwundern,
*''Il nichilismo'', Biblioteca Universale Laterza, Laterza, Roma-Bari, pp. IV-152
da doch die Kulturen gemeinsam zur fünften Wurzelrasse
** trad. port. ''O niilismo'', Edicoes Loyola, Sao Paulo, 1999, pp. 163
gehören, die sich von der Wüste Gobi über Ägypten und Griechenland
*''Guida a Heidegger'', Laterza, Roma-Bari 1997, 1998<sup>2</sup>, pp. XVI-387
nach Europa herüber verbreitete." {{Lit|{{G|092|45}}}}
*''Hegel e i suoi critici'', Laterza, Roma-Bari 1998
</div>
*''Großes Werklexikon der Philosophie'', Kröner, Stuttgart 1999, 2 voll., 1766 pp.
*''Dizionario delle opere filosofiche'', Bruno Mondadori, Milano 2000, 1350 pp.
*''Enciclopedía de obras de filosofía'', 3 voll., Herder Barcelona, 2005
* cura di Arthur Schopenhauer, ''Die Kunst, glücklich zu sein'', Beck, München 2000
*''Le prospettive della filosofia oggi'', Laterza, Roma-Bari 2001, pp. VI-58
* Postfazione a Nicolás Gómez Dávila, ''Escolios a un texto implícito'', Villegas, Bogotá 2001, pp. 510
*''Phenomenology as Possibility: The "Phenomenological" Appropriation of the History of Philosophyn in the Young Heidegger'', «Research in Phenomenology», 30, 2000, pp. 120-45
*''Der Mensch zwischen Polis und Weltstaat. Fragen im Anschluß an Ernst Jünger'', «Jünger-Strudien», 1, 2001, pp. 73–80
*''Heidegger et la romanité philosophique'', «Revue de Métaphysique et de Morale», 3, 2001, pp. 5–18
*''Coscienza del tempo e temporalità della coscienza da Brentano a Husserl'', «Magazzino di filosofia», 2, 4, 2001, pp. 45–71
*''Che cosa significa «filosofia pratica»? Per una storia del concetto'', «Paradigmi», 19, 2001, pp. 587-97
*''Warum praktische Philosophie? Zum Problem der Sinnorientierung im Zeitalter der Technik'', in G. Figal, J. Grondin e D. J. Schmidt (a cura di), ''Hermeneutische Wege. Hans-Georg Gadamer zum Hundertsten'', Mohr, Tübingen, 2000, pp. 325-33
*''Le fonti del problema dell'essere nel giovane Heidegger: Franz Brentano e Carl Braig'', in C. Esposito e P. Porro (a cura di), ''Heidegger e i medievali'', Brepols, Turnhout, 2001 («Quaestio» 1, 2001), pp. 39–52
*''Praktische Philosophie'', in «Der Neue Pauly», vol. X, Metzler, Stuttgart, 2001, coll. 260–272.
*''Vernunft/Verstand: Kritik der Begriffe'', in «Historisches Wörterbuch der Philosophie», vol. 11, Schwabe, Basel-Stuttgart, 2001, pp. 833-38
*''Technik, Humanismus und praktische Philosophie'', in R. Benedikter (a cura di), ''Italienische Technikphilosophie für das 21. Jahrhundert'', Frommann-Holzboog, Stuttgart, 2002, pp. 83–102
*''Der Rückgang auf die Griechen in den zwanziger Jahren. Eine hermeneutische Perspektive auf Aristoteles, Platon und die Vorsokratiker im Dienst der Seinsfrage'', in: Dieter Thomä (Hrsg.): ''Heidegger-Handbuch'', Metzler, Stuttgart, 2003, ISBN 978-3476018045, pp. 26–36
*''Heidegger und der Neoaristotelismus'', in ''Heidegger und Aristoteles'', hrsg. von Alfred Denker, Günter Figal, Franco Volpi und Holger Zaborowski, Verlag Karl Alber, Freiburg im Breisgau 2007, pp. 221–236 (= Heidegger-Jahrbuch 3)


Die bedeutenste indische Märchensammlung ist das [[Wikipedia:Panchatantra|Panchatantra]], das nicht vor dem 3. Jahrhundert v. Chr. entstanden ist, und viele volkstümliche [[Wikipedia:Fabel|Tierfabeln]] enthält. Im [[Wikipedia:6. Jahrhundert|6. Jahrhundert]] war das Panchatantra bereits so beliebt, dass es ins [[Wikipedia:Mittelpersische Sprache|Pahlavi]] übersetzt wurde. Über persische und arabische Übersetzung kam die Sammlung im [[Wikipedia:13. Jahrhundert|13. Jahrhundert]] nach Europa und war gegen Ende des 15. Jahrhunderts an den meisten europäischen Fürstenhöfen bekannt.
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Franco Volpi}}


== Luzifer und Ahriman ==
== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|122340833}}
* [http://www.filosofia.lettere.unipd.it/ricerca/ricerca_volpi.htm Webseite Franco Volpi (Universität Padua)]
* [http://www.emsf.rai.it/biografie/anagrafico.asp?d=779 Biografie Franco Volpi (RAI)]
* [http://www.repubblica.it/2009/04/sezioni/spettacoli_e_cultura/strega-del-giudice/volpi-morto/volpi-morto.html Nachruf in ''La Repubblica'', 15. April 2009]
* [https://www.youtube.com/watch?v=69Hn6RZxIuo Interview mit Franco Volpi anlässlich seiner Neuübersetzung von Heideggers ''Zeit und Sein'' ins Italienische]


Alle Märchenmotive hängen letztlich mit dem Verhältnis des [[Mensch]]en zu den [[luziferisch]]-[[sphinx]]artigen und zu den [[mephisto]]phelisch-[[ahrimanisch]]en Kräften zusammen:
== Einzelnachweise ==
<references />


<div style="margin-left:20px">
{{Normdaten|TYP=p|GND=122340833|LCCN=n/85/165911|VIAF=71433278}}
"Sagen und
Märchen, die so unverständig von den Gelehrten unserer Gegenwart
betrachtet werden, weisen ihrer Struktur nach entweder nach dem
Mephistophelischen, dem Ahrimanischen hin, oder nach dem Sphinxartigen,
dem Luziferischen. Alle Sagen und Märchen rühren davon her,
daß ihr Inhalt ursprünglich entweder durch das Verhältnis, das der
Mensch zur Sphinx hat, erlebt worden ist oder durch das Verhältnis,
das der Mensch zu Mephisto hat. In den Sagen und Märchen finden wir
mehr oder weniger verborgen auftreten entweder das Fragemotiv: das
ist das Sphinxmotiv, das Motiv, daß irgend etwas gelöst werden muß,
daß eine Frage beantwortet werden muß, oder das Motiv der Verzauberung,
des Gebanntseins an irgend etwas: das ist das mephistophelische,
das ahrimanische Motiv. Denn worin besteht das ahrimanische
Motiv im genaueren? Es besteht darin, daß, wenn wir Ahriman neben
uns haben, wir fortwährend in der Gefahr sind, ihm zu verfallen, in
seine Natur überzugehen, uns nicht mehr losreißen zu können von ihm.
Und man möchte sagen: Der Sphinx gegenüber empfindet der Mensch
etwas, was in ihn eindringt und ihn gleichsam auseinanderreißt; dem
Mephistophelischen gegenüber empfindet der Mensch etwas wie: er
muß untertauchen in dieses Mephistophelische, er muß sich ihm verschreiben,
er muß ihm verfallen." {{Lit|{{G|158|107f}}}}
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== Kinder brauchen Märchen ==
{{SORTIERUNG:Volpi, Franco}}
 
[[Kategorie:Philosoph (20. Jahrhundert)]]
<div style="margin-left:20px">
[[Kategorie:Philosoph (21. Jahrhundert)]]
"Es ist leicht zu sagen,
[[Kategorie:Philosophiehistoriker]]
die Mythen und Märchen sind Vorstellungen, die den Kindheitsstufen
[[Kategorie:Hochschullehrer]]
der Menschheit entsprungen sind. Gewiß haben die Menschen
[[Kategorie:Autor (Philosophie)]]
den Engeln nicht physisch gegenübergestanden, von denen die Mythen
[[Kategorie:Italiener]]
und Märchen gesprochen haben. Aber mit dem Nachdenken durch
[[Kategorie:Geboren 1952]]
Philosophie ist in der geistigen Welt nichts anzufangen. Dieses Wissen
[[Kategorie:Gestorben 2009]]
hat keine Bedeutung in den geistigen Welten. Es ist leicht zu sagen,
[[Kategorie:Mann]]
Märchen beruhen auf keiner Wahrheit. So gescheit ist der Geistesforscher
{{Wikipedia}}
auch immer gewesen, daß er gewußt hat, daß feurige Drachen
nicht durch die physische Luft fliegen, aber gewußt hat er immer, daß
die Imagination des feurigen Drachen zu bilden notwendig ist. Denn
indem diese Vorstellung in der Seele ist, wirft sie Geisteslicht auf die
geistige Welt. Kraftvorstellungen sind das. So sind alle Mythen beschaffen,
weniger um äußerlich abzubilden, sondern um in der geistigen
Welt wirklich leben zu können. Die Materialisten sagen: Mythen
und Märchen entspringen der Kindheitsstufe der Menschheit. - Aber
die Menschen wurden eben in ihrer Kindheit von Göttern unterrichtet.
Die Mythen und Märchen gehen so in dieser Weise der Menschheitsevolution
verloren, aber die Kinder sollte man nicht so aufwachsen
lassen. Es ist ein großer Unterschied, ob man das Kind mit oder ohne
Märchen aufwachsen läßt. Die die Seele beschwingende Kraft der Märchenbilder
tritt erst später hervor. In einem Lebensüberdruß zeigt
es sich später, wenn nicht Märchen gegeben wurden, in einer Langeweile.
Ja sogar physisch kommt es zum Ausdruck, auch gegen Krankheiten
können Märchen helfen. Was durch die Märchen hineingeträufelt
wird, das kommt als Lebensfroheit, Lebenssinn später heraus,
kommt als Möglichkeit, mit dem Leben fertigzuwerden, noch im spätesten
Alter zum Vorschein. Es müssen die Kinder in ihrer Jugend,
wo sie sie noch erleben können, erleben die Kraft des Märcheninhaltes.
Wer nicht vermag mit Vorstellungen zu leben, die für den physischen
Plan keine Wirklichkeit haben, der stirbt für die geistige Welt. Und
viele Philosophien, die sich nur stützen wollen auf den physischen Plan,
sind Sterbemittel für die Seele. Aus der äußeren Evolution werden die
Sterbemittel für die geistige Welt. Die Menschheit muß kommen zu
einem Urteil, das nicht gestützt ist auf Äußeres, sondern in sich selbst
sich stützt. Immer mehr muß sie kommen zu dem: Ich glaube, was
ich weiß." {{Lit|{{G|154|129f}}}}
</div>
 
<div style="margin-left:20px">
"Nun, man mag denken wie man will über den geistigen Gehalt der
äußeren sinnlichen Wirklichkeit, aber Gift ist es für den werdenden
Menschen, wenn er gerade in der Zeit zwischen dem 6., 7. und dem
9. Jahre nicht gerade auf märchenhafte Art die Phantasie entwickelt
bekommt. Ist der Lehrer selber kein Phantast, so wird er zunächst alles
dasjenige, was er an das Kind über die Umgebung des Menschen heranbringen
will - das Kind unterscheidet sich ja noch nicht von der Umgebung,
das tritt erst später, im 9. Jahre ein - , alles das, was er entwickelt
über Tier, Pflanze, über die übrige Natur, er wird es dem
Kinde in Märchenform beibringen. Wenn man nur einmal sich damit
vertraut machte, welch gewaltiger Unterschied darinnen liegt, ob man
dem Kinde Märchen liest oder man solche Märchen selber erst ausgestaltet!
Ich bitte, lesen Sie noch so viel Märchen und erzählen Sie gelesene
Märchen Ihren Kindern, sie wirken nicht so, als wenn Sie viel
schlechtere Märchen selber ausgestalten und sie an die Kinder heranbringen,
und zwar weil der Prozeß des Gestaltens in Ihnen - das ist ja
eben das, was ich meine mit dem Lebendigen - auf das Kind nachwirkt,
weil er sich wirklich dem Kinde mitteilt. Das sind die Imponderabilien
des Umgangs mit dem Kinde." {{Lit|{{G|301|84f}}}}
</div>
 
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"Und weil das
Märchen so mit dem Innersten der Seele zusammenhängt,
mit dem, was so tief mit dem Innersten der Menschenseele
zusammenhangend ist, deshalb ist das Märchen gerade diejenige
Form der Darstellung, die für das kindliche Gemüt
am angemessensten ist. Denn man darf vom Märchen sagen,
es habe es dahin gebracht, das Allertiefste im geistigen
Leben in der allereinf achsten Weise zum Ausdruck zu bringen.
Man empfindet eigentlich nach und nach, daß es in
allem bewußten künstlerischen Leben keine so große Kunst
gibt als die Kunst, die den Weg vollendet von den unverstandenen
Tiefen des Seelenlebens zu den reizvollen, oftmals
spielerischen Bildern des Märchens.
 
Wenn man das Schwerstverständliche in den selbstverständlichsten
Formen auszudrücken vermag, dann ist
das größte Kunst, natürlichste Kunst, wesenhaft mit dem
Menschen zusammenhängende Kunst. Und weil im Kinde
die menschliche Wesenheit in einer noch ursprünglicheren
Art mit dem Gesamtdasein, mit dem Gesamtleben zusammenhängt,
deshalb braucht auch das Kind als Nahrung
für seine Seele das Märchen. Freier noch kann sich im Kinde
das bewegen, was geistige Kraft darstellt. Das kann noch
nicht, wenn die kindliche Seele nicht veröden soll, in die
abstrakten theoretischen Begriffe eingesponnen werden. Das
muß noch zusammenhängen mit dem, was in den Tiefen
des Daseins wurzelt.
 
Daher tun wir, dem Kinde für die Seele keine größere
Wohltat, als wenn wir auf seine Seele wirken lassen, was so
Menschen-Wurzeln mit Daseins-Wurzeln zusammenbringt.
Weil das Kind noch an der eigenen Gestaltung schöpferisch
tätig sein muß, weil es noch die gestaltenden Kräfte selbst
für sein Wachstum, für die Entfaltung aller seiner Anlagen
hervorbringen muß, deshalb empfindet es so wunderbare
Nahrung für seine Seele in den Bildern des Märchens, in
denen es wurzelhaft mit dem Dasein zusammenhängt. Und
weil der Mensch, selbst wenn er sich dem Rationalistisch-
Verstandesmäßigen hingibt, doch nie von des Daseins Wurzeln
losgerissen werden kann, und weil er, wenn er gerade
am meisten dem Leben hingegeben sein muß, am intimsten
mit des Daseins Wurzeln zusammenhängt, deshalb kehrt
er, wenn er nur gesunden, geradsinnigen Gemütes ist, in
jedem Lebensalter freudig zum Märchen zurück. Denn es
gibt kein Lebensalter, es gibt keine menschliche Lage, die
uns demjenigen entfremden könnte, was aus dem Märchen
strömt, weil wir aufhören müßten mit dem Tiefsten, was
mit der Menschennatur zusammenhängt, wenn wir keinen
Sinn mehr für das hätten, was sich von diesem Sinn der
Menschennatur, der so unverständlich ist für den Verstand,
ausdrückt in den selbstverständlichen Märchen und in der
selbstverständlichen, einfachen, primitiven Märchenstimmung." {{Lit|{{G|062|349ff}}}}
</div>
 
== Literatur ==
 
#Rudolf Steiner: ''Ergebnisse der Geistesforschung'', [[GA 62]] (1988), ISBN 3-7274-0620-8 {{Vorträge|062}}
#Rudolf Steiner: ''Die okkulten Wahrheiten alter Mythen und Sagen'', [[GA 92]] (1999), ISBN 3-7274-0920-7 {{Vorträge|092}}
#Rudolf Steiner: ''Die Mission der neuen Geistesoffenbarung'', [[GA 127]] (1989), ISBN 3-7274-1270-4 {{Vorträge|127}}
#Rudolf Steiner: ''Wie erwirbt man sich Verständnis für die geistige Welt?'', [[GA 154]] (1985), ISBN 3-7274-1540-1 {{Vorträge|154}}
#Rudolf Steiner: ''Der Zusammenhang des Menschen mit der elementarischen Welt'', [[GA 158]] (1993), ISBN 3-7274-1580-0 {{Vorträge|158}}
#Rudolf Steiner: ''Die Erneuerung der pädagogisch-didaktischen Kunst durch Geisteswissenschaft'', [[GA 301]] (1991), ISBN 3-7274-3010-9 {{Vorträge|301}}
#Rudolf Steiner: ''Märchendichtungen im Lichte der Geistesforschung - Märchendeutungen'', Zwei Vorträge, Einzelausgabe, Dornach 1988
#Rudolf Steiner: ''Rosenkreuzerisches Weistum in der Märchendichtung'', Einzelausgabe, Dornach 1980
#Jakob Streit: ''Warum Kinder Märchen brauchen'', Ogham Vlg., Dornach 1996
 
{{GA}}
 
[[Kategorie:Märchen]] [[Kategorie:Hellsehen]]

Aktuelle Version vom 1. Januar 2022, 15:06 Uhr

Franco Volpi (* 1952 in Vicenza; † 14. April 2009 ebenda) war ein italienischer Philosoph und Philosophiehistoriker.

Leben

Franco Volpi war Professor für Philosophiegeschichte an der Universität Padua. Er hatte Gastprofessuren an den Universitäten Laval, Quebec (1999), Poitiers (1990), Nizza (1993) und Luzern inne.[1]

Sein Forschungsschwerpunkt war die Deutsche Philosophie. Er galt als Experte für die Werke von Arthur Schopenhauer und Martin Heidegger und schätzte den kolumbianischen Autor Nicolás Gómez Dávila, dessen Werke von Volpi in Europa und Lateinamerika bekannt gemacht wurden. Volpi war außerdem Herausgeber philosophischer Handbücher (1988 Lexikon der philosophischen Werke; 1999 Großes Werklexikon der Philosophie) und renommierter Übersetzer deutscher Philosophen, u. a. von Gadamer, Heidegger, Schopenhauer, Carl Schmitt, Ernst Jünger und Rosa Luxemburg. Er war Mitarbeiter der Zeitung „La Repubblica“ und Redaktionsmitglied der wissenschaftlichen Fachzeitschriften Philosophischer Literaturanzeiger, Brentano Studien, Husserl Studien, Les Etudes Philosophiques, Internationale Zeitschrift für Philosophie, Iride, Filosofia politica und Informazione filosofica.

Volpi war – nicht nur wegen seiner reichen Übersetzungstätigkeit – über viele Jahre einer der wichtigsten Vermittler zwischen der deutsch- und der italienischsprachigen Philosophie. So lehrte Volpi mehrere Semester an der Universität Witten/Herdecke, war aktiv in wissenschaftlichen Austauschprogrammen der Alexander von Humboldt-Stiftung und des Deutschen Akademischen Austauschdiensts und wurde häufig zu Einzelvorträgen und auf Tagungen an deutschen und schweizerischen Universitäten eingeladen.

Volpi starb an den Folgen eines Fahrradunfalls.[2]

Publikationen

  • Heidegger e Brentano. L’aristotelismo e il problema dell’univocità dell’essere nella formazione filosofica del giovane Martin Heidegger, Cedam, Padova, 1976, pp. 144
  • La rinascita della filosofia pratica in Germania, Francisci, Abano/Padova, 1980
  • Filosofia pratica e scienza politica, Francisci, Abano/Padova, 1980, pp. 180 (con Carlo Natali, Laura Iseppi, Claudio Pacchiani)
  • Heidegger e Aristotele, Daphne, Padova, 1984, pp. 226
  • Lexikon der philosophischen Werke, Kröner, Stuttgart, 1988
  • Sulla fortuna del concetto di decadence nella cultura tedesca: Nietzsche e le sue fonti francesi, Il Mulino, Bologna, 1995
  • Il nichilismo, Biblioteca Universale Laterza, Laterza, Roma-Bari, pp. IV-152
    • trad. port. O niilismo, Edicoes Loyola, Sao Paulo, 1999, pp. 163
  • Guida a Heidegger, Laterza, Roma-Bari 1997, 19982, pp. XVI-387
  • Hegel e i suoi critici, Laterza, Roma-Bari 1998
  • Großes Werklexikon der Philosophie, Kröner, Stuttgart 1999, 2 voll., 1766 pp.
  • Dizionario delle opere filosofiche, Bruno Mondadori, Milano 2000, 1350 pp.
  • Enciclopedía de obras de filosofía, 3 voll., Herder Barcelona, 2005
  • cura di Arthur Schopenhauer, Die Kunst, glücklich zu sein, Beck, München 2000
  • Le prospettive della filosofia oggi, Laterza, Roma-Bari 2001, pp. VI-58
  • Postfazione a Nicolás Gómez Dávila, Escolios a un texto implícito, Villegas, Bogotá 2001, pp. 510
  • Phenomenology as Possibility: The "Phenomenological" Appropriation of the History of Philosophyn in the Young Heidegger, «Research in Phenomenology», 30, 2000, pp. 120-45
  • Der Mensch zwischen Polis und Weltstaat. Fragen im Anschluß an Ernst Jünger, «Jünger-Strudien», 1, 2001, pp. 73–80
  • Heidegger et la romanité philosophique, «Revue de Métaphysique et de Morale», 3, 2001, pp. 5–18
  • Coscienza del tempo e temporalità della coscienza da Brentano a Husserl, «Magazzino di filosofia», 2, 4, 2001, pp. 45–71
  • Che cosa significa «filosofia pratica»? Per una storia del concetto, «Paradigmi», 19, 2001, pp. 587-97
  • Warum praktische Philosophie? Zum Problem der Sinnorientierung im Zeitalter der Technik, in G. Figal, J. Grondin e D. J. Schmidt (a cura di), Hermeneutische Wege. Hans-Georg Gadamer zum Hundertsten, Mohr, Tübingen, 2000, pp. 325-33
  • Le fonti del problema dell'essere nel giovane Heidegger: Franz Brentano e Carl Braig, in C. Esposito e P. Porro (a cura di), Heidegger e i medievali, Brepols, Turnhout, 2001 («Quaestio» 1, 2001), pp. 39–52
  • Praktische Philosophie, in «Der Neue Pauly», vol. X, Metzler, Stuttgart, 2001, coll. 260–272.
  • Vernunft/Verstand: Kritik der Begriffe, in «Historisches Wörterbuch der Philosophie», vol. 11, Schwabe, Basel-Stuttgart, 2001, pp. 833-38
  • Technik, Humanismus und praktische Philosophie, in R. Benedikter (a cura di), Italienische Technikphilosophie für das 21. Jahrhundert, Frommann-Holzboog, Stuttgart, 2002, pp. 83–102
  • Der Rückgang auf die Griechen in den zwanziger Jahren. Eine hermeneutische Perspektive auf Aristoteles, Platon und die Vorsokratiker im Dienst der Seinsfrage, in: Dieter Thomä (Hrsg.): Heidegger-Handbuch, Metzler, Stuttgart, 2003, ISBN 978-3476018045, pp. 26–36
  • Heidegger und der Neoaristotelismus, in Heidegger und Aristoteles, hrsg. von Alfred Denker, Günter Figal, Franco Volpi und Holger Zaborowski, Verlag Karl Alber, Freiburg im Breisgau 2007, pp. 221–236 (= Heidegger-Jahrbuch 3)

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Franco Volpi aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.