Kategorie:Licht und Komplexe Zahl: Unterschied zwischen den Seiten

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Licht ist an sich unsichtbar, es sei denn, es fällt direkt ins Auge. (Joachim Stiller)
{{Zeichen|<math>\mathbb C</math>|Der [[Buchstabe mit Doppelstrich|Buchstabe C mit Doppelstrich]]<br /> steht für die Menge der ''komplexen Zahlen''}}
Die '''komplexen Zahlen''' erweitern den [[Zahlenmenge|Zahlenbereich]] der [[Reelle Zahl|reellen Zahlen]] derart, dass die Gleichung <math>x^2 + 1 = 0</math> lösbar wird.
Dies gelingt durch Einführung einer neuen [[Imaginäre Zahl|imaginären Zahl]] <math>\mathrm i</math> mit der Eigenschaft <math>\mathrm i^2 = -1</math>. Diese Zahl <math>\mathrm i</math> wird als '''imaginäre Einheit''' bezeichnet. In der [[Elektrotechnik]] wird stattdessen der Buchstabe <math>\mathrm j</math> verwendet, um einer Verwechslung mit einer (durch <math>i</math> oder <math>i(t)</math> bezeichneten) von der [[Zeit]] <math>t</math> abhängigen [[Stromstärke]] vorzubeugen.


{{Vorlage:Seitenkategorien}}
Komplexe Zahlen können in der Form <math>a+b\cdot \mathrm i</math> dargestellt werden, wobei <math>a</math> und <math>b</math> reelle Zahlen sind und <math>\mathrm i</math> die imaginäre Einheit ist. Auf die so dargestellten komplexen Zahlen lassen sich die üblichen Rechenregeln für reelle Zahlen anwenden, wobei <math>\mathrm i^2</math> stets durch <math>-1</math> ersetzt werden kann und umgekehrt. Für die Menge der komplexen Zahlen wird das Symbol <math>\mathbb C</math> ([[Unicode]] U+2102:&nbsp;ℂ, siehe [[Buchstabe mit Doppelstrich]]) verwendet.
[[Kategorie:Physik]] [[Kategorie:Esoterik]] [[Kategorie:Licht|!]]
 
Der so konstruierte Zahlenbereich der komplexen Zahlen bildet einen [[Körpererweiterung|Erweiterungskörper]] der reellen Zahlen und hat eine Reihe vorteilhafter Eigenschaften, die sich in vielen Bereichen der Natur- und [[Ingenieurwissenschaften]] als äußerst nützlich erwiesen haben. Einer der Gründe für diese positiven Eigenschaften ist die [[Algebraisch abgeschlossen|algebraische Abgeschlossenheit]] der komplexen Zahlen. Dies bedeutet, dass jede [[algebraische Gleichung]] positiven Grades über den komplexen Zahlen eine Lösung besitzt, was für reelle Zahlen nicht gilt. Diese Eigenschaft ist der Inhalt des [[Fundamentalsatz der Algebra|Fundamentalsatzes der Algebra]]. Ein weiterer Grund ist ein Zusammenhang zwischen [[Trigonometrische Funktion|trigonometrischen Funktionen]] und der [[Exponentialfunktion]] ([[Eulerformel]]), der über die komplexen Zahlen hergestellt werden kann. Ferner ist jede auf einer [[Offene Menge|offenen Menge]] ''einmal'' [[Differenzierbarkeit#Komplexe Funktionen|komplex differenzierbare]] Funktion dort auch ''beliebig oft'' differenzierbar&nbsp;– anders als in der [[Analysis]] der reellen Zahlen. Die Eigenschaften von Funktionen mit komplexen Argumenten sind Gegenstand der [[Funktionentheorie]], auch komplexe Analysis genannt.
 
== Definition ==
Die komplexen Zahlen lassen sich als Zahlbereich im Sinne einer [[Menge (Mathematik)|Menge]] von Zahlen, für die die [[Grundrechenart]]en [[Addition]], [[Multiplikation]], [[Subtraktion]] und [[Division (Mathematik)|Division]] erklärt sind, mit den folgenden Eigenschaften definieren:
* Die reellen Zahlen sind in den komplexen Zahlen enthalten. Das heißt, dass jede reelle Zahl eine komplexe Zahl ist.
* Das [[Assoziativgesetz]] und das [[Kommutativgesetz]] gelten für die Addition und die Multiplikation komplexer Zahlen.
* Das [[Distributivgesetz]] gilt.
* Für jede komplexe Zahl <math>x</math> existiert eine komplexe Zahl <math>-x</math>, sodass <math>x+(-x)=0</math>.
* Für jede von null verschiedene komplexe Zahl <math>x</math> existiert eine komplexe Zahl <math>\tfrac{1}{x}</math>&nbsp;, sodass <math>x\cdot\tfrac{1}{x}=1</math>.
* Es existiert eine komplexe Zahl <math>\mathrm i</math> mit der Eigenschaft <math>\mathrm i^2=-1</math>.
* Unter allen Zahlbereichen mit den zuvor genannten Eigenschaften sind die komplexen Zahlen minimal.
 
Die letzte Forderung ist gleichbedeutend damit, dass sich jede komplexe Zahl in der Form <math>a+b\cdot\mathrm i</math> (bzw. in verkürzter Notation <math>a+b\,\mathrm i</math> oder auch <math>a+\mathrm i\,b</math>) mit reellen Zahlen <math>a</math> und <math>b</math> darstellen lässt. Die imaginäre Einheit <math>\mathrm i</math> ist dabei keine reelle Zahl. Die Existenz eines solchen Zahlbereichs wird im Abschnitt zur ''[[#Konstruktion der komplexen Zahlen|Konstruktion der komplexen Zahlen]]'' nachgewiesen.
 
Unter Verwendung der Begriffe [[Körper (Algebra)|Körper]] und [[Isomorphismus|Isomorphie]] lässt sich das so formulieren: Es gibt minimale Körper, die den Körper der reellen Zahlen und ein Element <math>\mathrm i</math> mit der Eigenschaft <math>\mathrm i^2=-1</math> enthalten. In einem solchen Körper hat jedes Element <math>z</math> eine und nur eine Darstellung als <math>z=a+b\,\mathrm i</math> mit reellen <math>a, b.</math> Die komplexen Zahlen sind isomorph zu jedem solchen Körper.
 
Die [[Koeffizient]]en <math>a, b</math> werden als '''Real-''' bzw. '''Imaginärteil''' von <math>a + b\,\mathrm i</math> bezeichnet. Dafür haben sich zwei Notationen etabliert:
* <math>a = \operatorname{Re}{(a + b\,\mathrm i)}</math> und <math>b = \operatorname{Im}{(a + b\,\mathrm i)}</math>
* <math>a = \Re{(a + b\,\mathrm i)}</math> und <math>b = \Im{(a + b\,\mathrm i)}</math>
 
== Notation ==
Die Notation in der Form <math>a+b\,\mathrm i\ </math> wird auch als (nach [[René Descartes]] benannte) [[Kartesisches Koordinatensystem|kartesische]] oder ''algebraische Form'' bezeichnet. Die Bezeichnung ''kartesisch'' erklärt sich aus der Darstellung in der komplexen bzw. gaußschen Zahlenebene (siehe weiter unten). Es findet sich auch die Darstellung <math>\left( a, b\right)</math>;<ref>{{Literatur |Autor=Eberhard Freitag, Rolf Busam |Titel=Funktionentheorie 1: Mit Lösungshinweisen zu 420 Übungsaufgaben |Auflage=4. |Verlag=Springer |Ort=Berlin |Datum=2007 |ISBN=978-3-540-31764-7}}</ref> in der [[Normung|Norm]] [[DIN 1302|DIN 1302:1999]] ''Allgemeine mathematische Zeichen und Begriffe'' kommt sie allerdings nicht vor.
 
In der [[Elektrotechnik]] wird das kleine ''i'' schon für zeitlich veränderliche Ströme verwendet (siehe [[Wechselstrom]]) und kann zu Verwechslungen mit der imaginären Einheit <math>\mathrm i</math> führen. Daher kann in diesem Bereich gemäß DIN 1302 der Buchstabe j verwendet werden.
<!-- (z.&nbsp;B. in
<ref>{{Literatur |Autor=Hans Heinrich Meinke, Friedrich-Wilhelm Gundlach |Titel=Taschenbuch der Hochfrequenztechnik I: Grundlagen: Band |Verlag=Springer |Ort=Berlin |ISBN=3540547142 |Auflage=5. |Datum=1992}}</ref>
<ref>{{Literatur |Autor=Hans Heinrich Meinke, Friedrich-Wilhelm Gundlach |Titel=Taschenbuch der Hochfrequenztechnik II: Komponenten: Band |Verlag=Springer |Ort=Berlin |ISBN=3540547150 |Auflage=5. |Datum=1992}}</ref>
<ref>{{Literatur |Autor=Hans Heinrich Meinke, Friedrich-Wilhelm Gundlach |Titel=Taschenbuch der Hochfrequenztechnik III: Systeme: Band |Verlag=Springer |Ort=Berlin |ISBN=3540547169 |Auflage=5. |Datum=1992}}</ref>).-->
 
In der [[Physik]] wird zwischen <math>i</math> für die [[Stromstärke]] bei [[Wechselstrom]] und <math>\mathrm i</math> für die imaginäre Einheit unterschieden. Dies führt durch die recht klare Trennung beim aufmerksamen Leser nicht zu Verwechslungen und wird in dieser Form weitgehend sowohl in der physikalisch-experimentellen als auch in der physikalisch-theoretischen Literatur angewandt; handschriftlich ist diese Feinheit allerdings nicht zu halten. Siehe auch: [[Komplexe Wechselstromrechnung]]
 
Komplexe Zahlen können gemäß [[DIN 1304]]-1 und [[DIN 5483]]-3 unterstrichen dargestellt werden, um sie von [[Reelle Zahlen|reellen Zahlen]] zu unterscheiden.
 
== Rechnen in der algebraischen Form ==
=== Addition ===
[[Datei:Komplexe addition.svg|mini|hochkant=1.2|Die Addition zweier komplexer Zahlen in der komplexen Ebene veranschaulicht]]
Für die Addition zweier komplexer Zahlen <math>z_1=a+b\,\mathrm i</math> mit <math>a,b \in \mathbb{R}</math> und <math>z_2=c+d\,\mathrm i</math> mit <math>c,d \in \mathbb{R}</math> gilt
:<math>z_1+z_2=(a+c)+(b+d)\,\mathrm i.</math>
 
=== Subtraktion ===
Für die Subtraktion zweier komplexer Zahlen <math>z_1</math> und <math>z_2</math> (siehe Addition) gilt
:<math>z_1-z_2=(a-c)+(b-d)\,\mathrm i.</math>
 
=== Multiplikation ===
Für die Multiplikation zweier komplexer Zahlen <math>z_1</math> und <math>z_2</math> (siehe Addition) gilt
:<math>z_1\cdot z_2=(ac+bd\,\mathrm i^2)+(ad+bc)\,\mathrm i=(ac-bd)+(ad+bc)\,\mathrm i.</math>
 
=== Division ===
Für die Division der komplexen Zahl <math>z_1</math> durch die komplexe Zahl <math>z_2</math> (siehe Addition) mit <math>z_2\neq 0</math> [[Kürzen|erweitert]] man den Bruch mit der zum Nenner <math>z_2</math> [[#Komplexe Konjugation|konjugiert komplexen]] Zahl <math>\bar z_2=c-d\,\mathrm i</math>. Der Nenner wird dadurch reell (und ist gerade das Quadrat des Betrages von <math>c+d\,\mathrm i</math>):
: <math>\frac{z_1}{z_2} = \frac{(a+b\,\mathrm i)(c-d\,\mathrm i)}{(c+d\,\mathrm i)(c-d\,\mathrm i)} = \frac{ac+bd}{c^2+d^2}+\frac{bc-ad}{c^2+d^2}\mathrm i.</math>
 
=== Rechenbeispiele ===
Addition:
: <math>(3+2\mathrm i) + (5+5\mathrm i) = (3+5) + (2+5)\mathrm i = 8 + 7\mathrm i</math>
 
Subtraktion:
: <math>(5+5\mathrm i) - (3+2\mathrm i) = (5-3) + (5-2)\mathrm i = 2 + 3\mathrm i</math>
 
Multiplikation:
: <math>(3+5\mathrm i) \cdot (4+11\mathrm i) = (3\cdot 4 - 5\cdot 11)+(3\cdot 11 + 5\cdot 4)\mathrm i = -43 + 53\mathrm i</math>
 
Division:
: <math>{\frac{(2+5\mathrm{i})}{(3+7\mathrm{i})} = \frac{(2+5\mathrm{i})}{(3+7\mathrm{i})} \cdot \frac{(3-7\mathrm{i})}{(3-7\mathrm{i})} = \frac{(6 + 35) + (15\mathrm{i}-14\mathrm{i})}{(9 + 49) + (21\mathrm{i}-21\mathrm{i})} = \frac{41+\mathrm{i}}{58} = \frac{41}{58} + \frac{1}{58}\cdot\mathrm{i}}</math>
 
== Weitere Eigenschaften ==
* Der Körper <math>\Complex</math> der komplexen Zahlen ist einerseits ein Oberkörper von <math>\R</math>, andererseits ein zweidimensionaler {{nowrap|<math>\R</math>-[[Vektorraum]].}} Der [[Isomorphismus]] <math>\Complex \cong \R^2</math> wird auch als [[natürliche Identifikation]] bezeichnet. In der Regel nutzt man dies auch, um <math>\Complex</math> formell als <math>\R^2</math> mit der entsprechenden [[#Multiplikation|komplexen Multiplikation]] zu ''definieren'' und dann <math>\mathrm{i} := (0,1)^\mathrm{T}</math> zu setzen. Dabei wird gleichzeitig festgelegt:
*# Die Drehung der komplexen Ebene am Ursprung um den positiven Winkel <math>+\tfrac{\pi}2</math> überführt die positive reelle <math>+1</math> in die positiv-imaginäre Einheit <math>+\mathrm{i}</math>.
*# Wenn die positiv-reelle Halbachse in der komplexen Ebene nach rechts geht, dann legt man die positiv-imaginäre Halbachse nach oben. Das ist in Einklang mit dem [[Drehrichtung#Mathematische Definitionen bezüglich Koordinatensystemen|mathematisch-positiven Drehsinn]].
* Die [[Körpererweiterung]] <math>\Complex:\R</math> ist vom Grad <math>[\Complex:\R]=2</math>; genauer ist <math>\Complex</math> isomorph zum [[Faktorring]] <math>\R[X]/(X^2+1)</math>, wobei <math>X^2+1</math> das [[Minimalpolynom]] von <math>\mathrm{i}</math> über <math>\R</math> ist. Ferner bildet <math>\Complex</math> bereits den [[Algebraischer Abschluss|algebraischen Abschluss]] von <math>\R</math>.
* Als <math>\R</math>-Vektorraum besitzt <math>\Complex</math> die Basis <math>\{1, \mathrm{i}\}</math>. Daneben ist <math>\Complex</math> wie jeder Körper auch ein Vektorraum über sich selbst, also ein eindimensionaler {{nowrap|<math>\Complex</math>-Vektorraum}} mit Basis <math>\{1\}</math>.
* <math>\mathrm{i}</math> und <math>-\mathrm{i}</math> sind genau die Lösungen der [[Quadratische Gleichung|quadratischen Gleichung]] <math>x^2 + 1 = 0</math>. In diesem Sinne kann <math>\mathrm{i}</math> (aber auch <math>\mathrm{-i}</math>) als „[[Quadratwurzel|Wurzel]] aus <math>-1</math>“ aufgefasst werden.<ref>Bei Verwendung des Zeichens <math>\mathrm{i}</math> ist noch deutlicher gemacht, als es vielleicht bei Verwendung von <math>\sqrt{-1}</math> wäre, dass bei jedem Vorkommen ''dieselbe'' Lösung von <math>\mathrm{i}^2 + 1 = 0</math> (dasselbe „Vorzeichen“) genommen werden muss. Dennoch bleiben alle algebraischen Aussagen gültig, wenn ''überall'' <math>\mathrm{i}</math> durch <math>-\mathrm{i}</math> ersetzt wird.</ref>
* <math>\Complex</math> ist im Gegensatz zu <math>\R</math> kein [[geordneter Körper]], d.&nbsp;h., es gibt keine mit der Körperstruktur verträgliche lineare Ordnungsrelation auf <math>\Complex</math>. Von zwei unterschiedlichen komplexen Zahlen kann man daher nicht sinnvoll (bezogen auf die Addition und Multiplikation in <math>\Complex</math>) festlegen, welche von beiden die größere bzw. die kleinere Zahl ist.
 
== Betrag und Metrik ==
=== Betrag ===
Der Betrag <math>|z|</math> einer komplexen Zahl <math>z</math> ist die [[Euklidischer Raum|Länge]] ihres Vektors in der [[Gaußsche Zahlenebene|Gaußschen Zahlenebene]] und lässt sich z.&nbsp;B. zu
:<math>|z| = \sqrt{a^2 + b^2}</math>
aus ihrem Realteil <math>\operatorname{Re}{(z)}=a</math> und Imaginärteil <math>\operatorname{Im}{(z)}=b</math> berechnen. Als eine Länge ist der Betrag reell und nicht negativ.
 
Beispiel:
: <math>|239+\mathrm i| = \sqrt{239^2+1^2} = \sqrt{57121+1} = \sqrt{57122} = 169\cdot\sqrt{2}</math>
 
=== Metrik ===
Die durch die Abstandsfunktion <math>d_{\Complex}(z_1,z_2):=|z_1-z_2|</math> induzierte [[Metrischer Raum|Metrik]] versieht den komplexen Vektorraum <math>\Complex</math> mit seiner [[Standardtopologie]]. Sie stimmt mit der [[Produkttopologie]] von <math>\R \times \R</math> überein, wie die [[Einschränkung]] <math>d_{\R}</math> von <math>d_{\Complex}</math> auf <math>\R</math> mit der Standardmetrik auf <math>\R</math> übereinstimmt.
 
Beide Räume <math>\Complex</math> wie <math>\R</math> sind [[Vollständiger Raum|vollständig]] unter diesen Metriken. Auf beiden Räumen lässt sich der topologische Begriff der [[Stetige Funktion|Stetigkeit]] zu [[Analysis|analytischen]] Begriffen wie [[Differentialrechnung|Differentiation]] und [[Integralrechnung|Integration]] erweitern.
 
== Komplexe Zahlenebene ==
[[Datei:Komplexe zahlenebene.svg|mini|hochkant=1.2|Gaußsche Ebene mit einer komplexen Zahl in kartesischen Koordinaten (a,b) und in Polarkoordinaten (r,φ)]]
 
Während sich die Menge <math>\mathbb R</math> der [[Reelle Zahlen|reellen Zahlen]] durch Punkte auf einer [[Zahlengerade]]n veranschaulichen lässt, kann man die Menge <math>\Complex</math> der komplexen Zahlen als Punkte in einer Ebene (komplexe Ebene, gaußsche Zahlenebene) darstellen. Dies entspricht der „doppelten Natur“ von <math>\Complex</math> als zweidimensionalem reellem Vektorraum. Die Teilmenge der reellen Zahlen bildet darin die waagerechte Achse, die Teilmenge der rein imaginären Zahlen (d.&nbsp;h. mit Realteil 0) bildet die senkrechte Achse. Eine komplexe Zahl <math>z = a+b\,\mathrm{i}</math> mit <math>a,b \in \R</math> besitzt dann die horizontale Koordinate <math>a</math> und die vertikale Koordinate <math>b</math>, wird also mit dem Zahlenpaar <math>(a,b)</math> identifiziert.
 
Gemäß Definition entspricht die Addition komplexer Zahlen der Vektoraddition, wobei man die Punkte in der Zahlenebene mit ihren [[Ortsvektor]]en identifiziert. Die Multiplikation ist in der gaußschen Ebene eine [[Drehstreckung]], was nach Einführung der Polarform weiter unten klarer werden wird.
 
=== Polarform ===
[[Datei:Complex coloring.jpg|mini|Die Farbdarstellung der komplexen Zahlenebene wird häufig zur Veran&shy;schaulichung komplexer Funktionen (hier: der Identität) angewendet. Die Farbe kodiert das Argument <math>\arg</math> und die Helligkeit gibt den Betrag <math>|\cdot|</math> an.]]
Verwendet man anstelle der kartesischen Koordinaten <math>a = \operatorname{Re}(z)</math> und <math>b = \operatorname{Im}(z)</math> [[Polarkoordinaten]] <math>r = |z|</math> und <math>\varphi = \arg(z)</math> mit <math>\arg</math> als der ''Argument''-Funktion, kann man die komplexe Zahl <math>z=a+b\,\mathrm{i}</math> auch in der folgenden, auf der [[Eulersche Relation|eulerschen Relation]] beruhenden sogenannten ''Polarform'' (auch ''Polardarstellung'')<ref>{{Literatur |Autor=Ehrhard Behrends |Titel=Analysis |Band=1 |Auflage=6. |Verlag=Springer Spektrum |Ort=Wiesbaden |Datum=2015 |ISBN=978-3-658-07122-6 |DOI=10.1007/978-3-658-07123-3}}</ref>
:<math>z = r \cdot \mathrm{e}^{\mathrm{i}\varphi} = r \cdot (\cos \varphi + \mathrm{i} \cdot \sin \varphi)</math>
darstellen, die sich aus <math>a = r \cdot \cos \varphi</math> und <math>b = r \cdot \sin \varphi</math> ergibt.
Die Darstellung mit Hilfe der komplexen [[e-Funktion]] <math>r \cdot \mathrm{e}^{\mathrm{i}\varphi}</math> heißt dabei auch Exponentialdarstellung (der Polarform), die Darstellung mittels des Ausdrucks <math>r \cdot (\cos \varphi + \mathrm{i} \cdot \sin \varphi)</math> trigonometrische Darstellung (der Polarform). Aufgrund der [[Eulersche Relation|eulerschen Relation]] sind beide Darstellungen gleichwertig. Des Weiteren gibt es für sie, namentlich in der Praxis, die verkürzten Schreibweisen
<!--- BITTE NICHT IN "cos" ABÄNDERN, "cis" IST RICHTIG --->
:<math>z = r \cdot\operatorname{cis}\,\varphi = r \cdot\operatorname{E}\,(\varphi) = r\,\angle\,\varphi\,,</math>
in denen <math>\operatorname{cis}\, \varphi</math> für die Summe <math>\cos \varphi + \mathrm{i} \cdot \sin \varphi</math> steht und die Darstellung mit dem Winkeloperator <math>\angle</math> als [[Versor]]darstellung bezeichnet wird.
 
In der komplexen Zahlenebene entspricht dabei <math>r</math> der euklidischen Vektorlänge (d.&nbsp;h. dem Abstand zum Ursprung 0) und <math>\varphi</math> dem mit der reellen Achse eingeschlossenen Winkel der Zahl <math>z</math>. Üblicherweise jedoch nennt man <math>r</math> hier den ''[[Absoluter Betrag|Betrag]]'' von <math>z</math> (oder auch seinen ''Modul'') (Schreibweise <math>r = |z|</math>) und den Winkel <math>\varphi</math> das ''Argument'' (oder auch die ''Phase'') von <math>z</math> (Schreibweise <math>\varphi = \operatorname{arg}(z)</math>).
 
Da <math>\varphi</math> und <math>\varphi+2\pi</math> dabei derselben Zahl <math>z</math> zugeordnet werden können, ist die Polardarstellung zunächst nicht eindeutig. Deshalb schränkt man <math>\varphi</math> meist auf das [[Intervall (Mathematik)|Intervall]] <math>(-\pi;\pi]</math>, also <math>-\pi < \varphi \leq \pi</math><!-- -\pi gehört NICHT dazu! --> ein, um anschließend statt vom Argument selbst von seinem Hauptwert für <math>z\neq 0</math> zu sprechen. Der Zahl <math>z = 0</math> indes ließe sich jedes beliebige Argument zuordnen, und zum Zweck einer eindeutigen Darstellung kann man es in diesem Fall tatsächlich auf 0 festlegen.
 
Das Argument von <math>z</math> ist auch der Imaginärteil des komplexen natürlichen [[Logarithmus]]
: <math>\ln z=\ln|z|+\mathrm i\cdot\arg (z).</math>
Mit der Wahl eines auf ganz <math>\mathbb C</math> definierten Zweiges des Logarithmus ist also auch eine Argumentfunktion bestimmt (und umgekehrt).
 
Alle Werte <math>\mathrm{e}^{\mathrm{i} \varphi}</math> bilden den Einheitskreis der komplexen Zahlen mit dem Betrag <math>1</math>, diese Zahlen werden auch '''unimodular''' genannt und bilden die [[Kreisgruppe]].
 
Dass die Multiplikation von komplexen Zahlen (außer der Null) Drehstreckungen entspricht, lässt sich mathematisch wie folgt ausdrücken: Die multiplikative [[Gruppe (Mathematik)|Gruppe]] <math>\Complex^\times</math> der komplexen Zahlen ohne die Null lässt sich als [[direktes Produkt]] der Gruppe der [[Drehung]]en, der [[Kreisgruppe]], und der Streckungen um einen Faktor ungleich Null, der multiplikativen Gruppe <math>\R^+</math> auffassen. Erstere Gruppe lässt sich durch das Argument <math>\varphi</math> [[Einparameter-Untergruppe|parametrisieren]], zweitere entspricht gerade den Beträgen.
 
=== Komplexe Konjugation ===
{{WikipediaDE||Konjugation (Mathematik)}}
 
[[Datei:Komplexe konjugation.svg|mini|hochkant=1.2|Eine komplexe Zahl <math>z = a+b\,\mathrm{i}</math> und die zu ihr konjugiert komplexe Zahl <math>\bar z=a-b\,\mathrm{i}</math>]]
Ändert man das [[Vorzeichen (Zahl)|Vorzeichen]] des Imaginärteils <math>b</math> einer komplexen Zahl <math>z = a+b\,\mathrm{i},</math> so erhält man die zu <math>z</math> [[Konjugation (Mathematik)|konjugiert komplexe]] Zahl <math>\bar z=a-b\,\mathrm{i}</math> (manchmal auch <math>z^*</math> geschrieben).
 
Die Konjugation <math>\Complex\to\Complex,\,z\mapsto \bar z</math> ist ein [[Involution (Mathematik)|(involutorischer)]] Körperautomorphismus, da sie mit Addition und Multiplikation verträglich ist, d.&nbsp;h., für alle <math>y,z\in\Complex</math> gilt
: <math>\overline{y+z}=\bar y+\bar z,\quad \overline{y\cdot z}=\bar y\cdot \bar z.</math>
In der Polardarstellung hat die konjugiert komplexe Zahl <math>\bar z</math> bei unverändertem Betrag gerade den negativen Winkel von <math>z.</math> Man kann die Konjugation in der komplexen Zahlenebene also als die ''Spiegelung an der reellen Achse'' interpretieren. Insbesondere werden unter der Konjugation genau die reellen Zahlen auf sich selbst abgebildet.
 
Das Produkt aus einer komplexen Zahl <math>z=a+b\,\mathrm{i}</math> und ihrer komplex Konjugierten <math>\bar z</math> ergibt das Quadrat ihres Betrages:
: <math>z\cdot\bar z = (a+b\,\mathrm{i}) (a-b\,\mathrm{i}) = a^2 + b^2=|z|^2</math>
 
Die komplexen Zahlen bilden damit ein triviales Beispiel einer [[C*-Algebra]].
 
Die Summe aus einer komplexen Zahl <math>z=a+b\,\mathrm{i}</math> und ihrer komplex Konjugierten <math>\bar z</math> ergibt das 2-Fache ihres Realteils:
: <math>z + \bar z = (a+b\,\mathrm{i}) + (a-b\,\mathrm{i}) = 2a = 2\,\operatorname{Re}{(z)}</math>
 
Die Differenz aus einer komplexen Zahl <math>z=a+b\,\mathrm{i}</math> und ihrer komplex Konjugierten <math>\bar z</math> ergibt das <math>\mathrm {2i}</math>-Fache ihres Imaginärteils:
: <math>z - \bar z = (a+b\,\mathrm{i}) - (a-b\,\mathrm{i}) = 2b\,\mathrm{i} = 2\,\mathrm{i}\,\operatorname{Im}{(z)}</math>
 
=== Umrechnungsformeln ===
==== Von der algebraischen Form in die Polarform ====
Für <math>z=a+b\,\mathrm{i}</math> in algebraischer Form ist
:<math>r = |z| = \sqrt{a^2 + b^2}=\sqrt{z \cdot \overline z}.</math>
Für <math>z = 0 \quad (\Longleftrightarrow r = 0 ) </math> ist das Argument <math>\varphi</math> beliebig, wird aber häufig auf 0 gesetzt oder undefiniert gelassen.
Für <math>z \neq 0</math> kann das Argument <math>\varphi</math> im Intervall <math>(-\pi;\pi]</math> mit Hilfe einer trigonometrischen Umkehrfunktion, bspw. mit Hilfe des [[Arkuskosinus]]
:{|
|-
|rowspan="2"| <math>\varphi=\arg(z)=
\Biggl\{ \begin{matrix}
\\
\\
\end{matrix} \Biggr. </math> ||style="width:7em"| &nbsp; &thinsp; <math>\arccos\frac{a}{r} </math> || für <math>b \geq0 </math>|| rowspan="2" |<math>\Biggl. \begin{matrix}
\\
\\
\end{matrix} \Biggr\} \; = \operatorname{arctan2}(a,b)  </math>
|-
|<math>-\arccos\frac{a}{r}</math> || für <math>b<0 </math>
|}
ermittelt werden. Verfahren, die den [[Arkustangens]] verwenden, sind im Artikel [[Arkustangens und Arkuskotangens#Umrechnung ebener kartesischer Koordinaten in polare]] aufgeführt.
Dazu gehört auch die in vielen [[Programmiersprache]]n und [[Tabellenkalkulation]]en zur Verfügung gestellte häufig mit dem Namen ''[[arctan2]]'', aber auch ''[[atan2]]'', bezeichnete Variante der Arkustangensfunktion, die beide Werte übergeben bekommt und das Ergebnis je nach Vorzeichen von <math>a</math> und <math>b</math> dem passenden Quadranten zuordnet.
 
Die Berechnung des Winkels <math>\varphi</math> im Intervall <math>[0,2\pi)</math> kann im Prinzip so durchgeführt werden, dass der Winkel zunächst wie vorstehend beschrieben im Intervall <math>(-\pi,\pi]</math> berechnet wird und dann um
<math>2\pi</math> vergrößert wird, falls er negativ ist:
 
:<math>\varphi' = \arg(z) = \begin{cases}\varphi + 2\pi & \text{falls}\ \varphi < 0\\\varphi & \text{sonst}\end{cases}</math>
 
(siehe [[w:Polarkoordinaten|Polarkoordinaten]]).
 
==== Von der Polarform in die algebraische Form ====
: <math>a = \operatorname{Re}(z) = r \cdot \cos\varphi</math>
: <math>b = \operatorname{Im}(z) = r \cdot \sin\varphi</math>
Wie weiter oben stellt <math>a</math> den Realteil und <math>b</math> den Imaginärteil jener komplexen Zahl dar.
 
=== Arithmetische Operationen in der Polarform ===
Durch arithmetische Operationen sind folgende Operanden miteinander zu verknüpfen:
:<math>z_1=r_1\cdot (\cos \varphi_1 + \mathrm{i}\cdot\sin \varphi_1) = r_1\cdot \mathrm{e}^{\mathrm{i}\varphi_1}</math>
:<math>z_2=r_2\cdot (\cos \varphi_2    + \mathrm{i}\cdot\sin \varphi_2)    = r_2\cdot \mathrm{e}^{\mathrm{i}\varphi_2}</math>
 
Bei der Multiplikation werden die Beträge <math>r_1</math> und <math>r_2</math> miteinander multipliziert und die zugehörigen Phasen <math>\varphi_1</math> bzw. <math>\varphi_2</math> addiert. Bei der Division wird der Betrag des [[Dividend]]en durch den Betrag des [[Division (Mathematik)|Divisors]] geteilt und die Phase des Divisors von der Phase des Dividenden subtrahiert. Für die Addition und die Subtraktion existiert auch eine, etwas kompliziertere, Formel:
 
==== Trigonometrische Form ====
[[Datei:Komplexe multiplikation.svg|mini|hochkant=1.2|Die Multiplikation von zwei komplexen Zahlen entspricht dem Addieren der Winkel und dem Multiplizieren der Beträge.]]
* <math>{z_1 \cdot z_2 = r_1 \cdot r_2 \cdot \left[ \cos (\varphi_1+\varphi_2) + \mathrm{i} \cdot \sin (\varphi_1+\varphi_2) \right]}</math>
 
[[Datei:Komplexe division.svg|mini|hochkant=1.2|Die Division von zwei komplexen Zahlen entspricht dem Subtrahieren der Winkel und dem Dividieren der Beträge.]]
 
* <math>\frac{z_1}{z_2} = \frac{r_1}{r_2} \cdot \left[ \cos (\varphi_1-\varphi_2) + \mathrm{i} \cdot \sin (\varphi_1-\varphi_2) \right]</math>
 
* <math>z_1 \pm z_2 = t \cdot (\cos \chi + \mathrm{i} \cdot \sin \chi) </math>
*: mit &nbsp; <math>t := \sqrt{r_1^2 + r_2^2 \pm 2 r_1 r_2 \cos (\varphi_1 - \varphi_2)} , </math><br /><math>\chi := \operatorname{arctan2}\left( r_1 \cos \varphi_1 \pm r_2 \cos \varphi_2 , r_1 \sin \varphi_1 \pm r_2 \sin \varphi_2 \right)</math><br />und der [[arctan2]]-Funktion.
 
==== Exponentialform ====
* <math>z_1 \cdot z_2 = r_1 \cdot r_2 \cdot \mathrm{e}^{\mathrm{i}(\varphi_1+\varphi_2)}</math>
* <math>\frac{z_1}{z_2} = \frac{r_1}{r_2} \cdot \mathrm{e}^{\mathrm{i}(\varphi_1-\varphi_2)}</math>
* <math>z_1 \pm z_2 = t \cdot \mathrm{e}^{ \mathrm{i} \chi}</math> mit <math>t</math> und <math>\chi</math> wie oben.
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Komplexe Zahl}}
* {{WikipediaDE|Gaußsche Zahlen}}
* {{WikipediaDE|Eisenstein-Zahlensind}}
* {{WikipediaDE|Hyperkomplexe Zahlen}}
* {{WikipediaDE|Komplexe Funktion|Komplexwertige Funktionen}}
 
== Literatur ==
* Paul Nahin: ''An imaginary tale. The story of <math>\sqrt {-1}</math>.'' Princeton University Press, 1998.
* Reinhold Remmert: ''Komplexe Zahlen.'' In D. Ebbinghaus u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Zahlen.'' Springer, 1983.
 
== Weblinks ==
{{Commonscat|Complex numbers|Komplexe Zahlen}}
{{Wikibooks|Imaginäre und komplexe Zahlen|suffix=eine kompakte Einführung}}
{{Wikibooks|Komplexe Zahlen}}
* Schriften, Dokumentationen, Videos
** [http://members.chello.at/gut.jutta.gerhard/imaginaer1.htm Geschichte der komplexen Zahlen]
** [http://www.komplexe-zahlen.de/ Eine Facharbeit, die eine Einführung in die komplexen Zahlen gibt]
** [http://www.tf.uni-kiel.de/matwis/amat/mw1_ge/kap_2/basics/b2_1_5.html Rechnen mit komplexen Zahlen]
** [http://www.dimensions-math.org/Dim_reg_DE.htm Dimensions: a math film.] Einbettung der komplexen Zahlen in die Darstellung höherer Dimensionen (auch Chaostheorie) [http://www.dimensions-math.org/Dim_download2_E.htm insb. Kapitel 5 und 6]
* Programme zur direkten Ausführung
** [http://www.walter-fendt.de/m14d/komplz.htm Java-Applet zur geometrischen Deutung]
** [http://www.it-host.de/jserv/java-tools/complex/ Java-Klasse, zur Berechnung komplexer Zahlen]
** [http://www.calc3d.com/gjavascriptcomplexcalc.html Rechner für komplexe Zahlen]
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Normdaten|TYP=s|GND=4128698-4}}
 
[[Kategorie:Zahl]]

Version vom 24. Mai 2020, 16:49 Uhr

Die komplexen Zahlen erweitern den Zahlenbereich der reellen Zahlen derart, dass die Gleichung lösbar wird. Dies gelingt durch Einführung einer neuen imaginären Zahl mit der Eigenschaft . Diese Zahl wird als imaginäre Einheit bezeichnet. In der Elektrotechnik wird stattdessen der Buchstabe verwendet, um einer Verwechslung mit einer (durch oder bezeichneten) von der Zeit abhängigen Stromstärke vorzubeugen.

Komplexe Zahlen können in der Form dargestellt werden, wobei und reelle Zahlen sind und die imaginäre Einheit ist. Auf die so dargestellten komplexen Zahlen lassen sich die üblichen Rechenregeln für reelle Zahlen anwenden, wobei stets durch ersetzt werden kann und umgekehrt. Für die Menge der komplexen Zahlen wird das Symbol (Unicode U+2102: ℂ, siehe Buchstabe mit Doppelstrich) verwendet.

Der so konstruierte Zahlenbereich der komplexen Zahlen bildet einen Erweiterungskörper der reellen Zahlen und hat eine Reihe vorteilhafter Eigenschaften, die sich in vielen Bereichen der Natur- und Ingenieurwissenschaften als äußerst nützlich erwiesen haben. Einer der Gründe für diese positiven Eigenschaften ist die algebraische Abgeschlossenheit der komplexen Zahlen. Dies bedeutet, dass jede algebraische Gleichung positiven Grades über den komplexen Zahlen eine Lösung besitzt, was für reelle Zahlen nicht gilt. Diese Eigenschaft ist der Inhalt des Fundamentalsatzes der Algebra. Ein weiterer Grund ist ein Zusammenhang zwischen trigonometrischen Funktionen und der Exponentialfunktion (Eulerformel), der über die komplexen Zahlen hergestellt werden kann. Ferner ist jede auf einer offenen Menge einmal komplex differenzierbare Funktion dort auch beliebig oft differenzierbar – anders als in der Analysis der reellen Zahlen. Die Eigenschaften von Funktionen mit komplexen Argumenten sind Gegenstand der Funktionentheorie, auch komplexe Analysis genannt.

Definition

Die komplexen Zahlen lassen sich als Zahlbereich im Sinne einer Menge von Zahlen, für die die Grundrechenarten Addition, Multiplikation, Subtraktion und Division erklärt sind, mit den folgenden Eigenschaften definieren:

  • Die reellen Zahlen sind in den komplexen Zahlen enthalten. Das heißt, dass jede reelle Zahl eine komplexe Zahl ist.
  • Das Assoziativgesetz und das Kommutativgesetz gelten für die Addition und die Multiplikation komplexer Zahlen.
  • Das Distributivgesetz gilt.
  • Für jede komplexe Zahl existiert eine komplexe Zahl , sodass .
  • Für jede von null verschiedene komplexe Zahl existiert eine komplexe Zahl  , sodass .
  • Es existiert eine komplexe Zahl mit der Eigenschaft .
  • Unter allen Zahlbereichen mit den zuvor genannten Eigenschaften sind die komplexen Zahlen minimal.

Die letzte Forderung ist gleichbedeutend damit, dass sich jede komplexe Zahl in der Form (bzw. in verkürzter Notation oder auch ) mit reellen Zahlen und darstellen lässt. Die imaginäre Einheit ist dabei keine reelle Zahl. Die Existenz eines solchen Zahlbereichs wird im Abschnitt zur Konstruktion der komplexen Zahlen nachgewiesen.

Unter Verwendung der Begriffe Körper und Isomorphie lässt sich das so formulieren: Es gibt minimale Körper, die den Körper der reellen Zahlen und ein Element mit der Eigenschaft enthalten. In einem solchen Körper hat jedes Element eine und nur eine Darstellung als mit reellen Die komplexen Zahlen sind isomorph zu jedem solchen Körper.

Die Koeffizienten werden als Real- bzw. Imaginärteil von bezeichnet. Dafür haben sich zwei Notationen etabliert:

  • und
  • und

Notation

Die Notation in der Form wird auch als (nach René Descartes benannte) kartesische oder algebraische Form bezeichnet. Die Bezeichnung kartesisch erklärt sich aus der Darstellung in der komplexen bzw. gaußschen Zahlenebene (siehe weiter unten). Es findet sich auch die Darstellung ;[1] in der Norm DIN 1302:1999 Allgemeine mathematische Zeichen und Begriffe kommt sie allerdings nicht vor.

In der Elektrotechnik wird das kleine i schon für zeitlich veränderliche Ströme verwendet (siehe Wechselstrom) und kann zu Verwechslungen mit der imaginären Einheit führen. Daher kann in diesem Bereich gemäß DIN 1302 der Buchstabe j verwendet werden.

In der Physik wird zwischen für die Stromstärke bei Wechselstrom und für die imaginäre Einheit unterschieden. Dies führt durch die recht klare Trennung beim aufmerksamen Leser nicht zu Verwechslungen und wird in dieser Form weitgehend sowohl in der physikalisch-experimentellen als auch in der physikalisch-theoretischen Literatur angewandt; handschriftlich ist diese Feinheit allerdings nicht zu halten. Siehe auch: Komplexe Wechselstromrechnung

Komplexe Zahlen können gemäß DIN 1304-1 und DIN 5483-3 unterstrichen dargestellt werden, um sie von reellen Zahlen zu unterscheiden.

Rechnen in der algebraischen Form

Addition

Die Addition zweier komplexer Zahlen in der komplexen Ebene veranschaulicht

Für die Addition zweier komplexer Zahlen mit und mit gilt

Subtraktion

Für die Subtraktion zweier komplexer Zahlen und (siehe Addition) gilt

Multiplikation

Für die Multiplikation zweier komplexer Zahlen und (siehe Addition) gilt

Division

Für die Division der komplexen Zahl durch die komplexe Zahl (siehe Addition) mit erweitert man den Bruch mit der zum Nenner konjugiert komplexen Zahl . Der Nenner wird dadurch reell (und ist gerade das Quadrat des Betrages von ):

Rechenbeispiele

Addition:

Subtraktion:

Multiplikation:

Division:

Weitere Eigenschaften

  • Der Körper der komplexen Zahlen ist einerseits ein Oberkörper von , andererseits ein zweidimensionaler -Vektorraum. Der Isomorphismus wird auch als natürliche Identifikation bezeichnet. In der Regel nutzt man dies auch, um formell als mit der entsprechenden komplexen Multiplikation zu definieren und dann zu setzen. Dabei wird gleichzeitig festgelegt:
    1. Die Drehung der komplexen Ebene am Ursprung um den positiven Winkel überführt die positive reelle in die positiv-imaginäre Einheit .
    2. Wenn die positiv-reelle Halbachse in der komplexen Ebene nach rechts geht, dann legt man die positiv-imaginäre Halbachse nach oben. Das ist in Einklang mit dem mathematisch-positiven Drehsinn.
  • Die Körpererweiterung ist vom Grad ; genauer ist isomorph zum Faktorring , wobei das Minimalpolynom von über ist. Ferner bildet bereits den algebraischen Abschluss von .
  • Als -Vektorraum besitzt die Basis . Daneben ist wie jeder Körper auch ein Vektorraum über sich selbst, also ein eindimensionaler -Vektorraum mit Basis .
  • und sind genau die Lösungen der quadratischen Gleichung . In diesem Sinne kann (aber auch ) als „Wurzel aus “ aufgefasst werden.[2]
  • ist im Gegensatz zu kein geordneter Körper, d. h., es gibt keine mit der Körperstruktur verträgliche lineare Ordnungsrelation auf . Von zwei unterschiedlichen komplexen Zahlen kann man daher nicht sinnvoll (bezogen auf die Addition und Multiplikation in ) festlegen, welche von beiden die größere bzw. die kleinere Zahl ist.

Betrag und Metrik

Betrag

Der Betrag einer komplexen Zahl ist die Länge ihres Vektors in der Gaußschen Zahlenebene und lässt sich z. B. zu

aus ihrem Realteil und Imaginärteil berechnen. Als eine Länge ist der Betrag reell und nicht negativ.

Beispiel:

Metrik

Die durch die Abstandsfunktion induzierte Metrik versieht den komplexen Vektorraum mit seiner Standardtopologie. Sie stimmt mit der Produkttopologie von überein, wie die Einschränkung von auf mit der Standardmetrik auf übereinstimmt.

Beide Räume wie sind vollständig unter diesen Metriken. Auf beiden Räumen lässt sich der topologische Begriff der Stetigkeit zu analytischen Begriffen wie Differentiation und Integration erweitern.

Komplexe Zahlenebene

Gaußsche Ebene mit einer komplexen Zahl in kartesischen Koordinaten (a,b) und in Polarkoordinaten (r,φ)

Während sich die Menge der reellen Zahlen durch Punkte auf einer Zahlengeraden veranschaulichen lässt, kann man die Menge der komplexen Zahlen als Punkte in einer Ebene (komplexe Ebene, gaußsche Zahlenebene) darstellen. Dies entspricht der „doppelten Natur“ von als zweidimensionalem reellem Vektorraum. Die Teilmenge der reellen Zahlen bildet darin die waagerechte Achse, die Teilmenge der rein imaginären Zahlen (d. h. mit Realteil 0) bildet die senkrechte Achse. Eine komplexe Zahl mit besitzt dann die horizontale Koordinate und die vertikale Koordinate , wird also mit dem Zahlenpaar identifiziert.

Gemäß Definition entspricht die Addition komplexer Zahlen der Vektoraddition, wobei man die Punkte in der Zahlenebene mit ihren Ortsvektoren identifiziert. Die Multiplikation ist in der gaußschen Ebene eine Drehstreckung, was nach Einführung der Polarform weiter unten klarer werden wird.

Polarform

Die Farbdarstellung der komplexen Zahlenebene wird häufig zur Veran­schaulichung komplexer Funktionen (hier: der Identität) angewendet. Die Farbe kodiert das Argument und die Helligkeit gibt den Betrag an.

Verwendet man anstelle der kartesischen Koordinaten und Polarkoordinaten und mit als der Argument-Funktion, kann man die komplexe Zahl auch in der folgenden, auf der eulerschen Relation beruhenden sogenannten Polarform (auch Polardarstellung)[3]

darstellen, die sich aus und ergibt. Die Darstellung mit Hilfe der komplexen e-Funktion heißt dabei auch Exponentialdarstellung (der Polarform), die Darstellung mittels des Ausdrucks trigonometrische Darstellung (der Polarform). Aufgrund der eulerschen Relation sind beide Darstellungen gleichwertig. Des Weiteren gibt es für sie, namentlich in der Praxis, die verkürzten Schreibweisen

in denen für die Summe steht und die Darstellung mit dem Winkeloperator als Versordarstellung bezeichnet wird.

In der komplexen Zahlenebene entspricht dabei der euklidischen Vektorlänge (d. h. dem Abstand zum Ursprung 0) und dem mit der reellen Achse eingeschlossenen Winkel der Zahl . Üblicherweise jedoch nennt man hier den Betrag von (oder auch seinen Modul) (Schreibweise ) und den Winkel das Argument (oder auch die Phase) von (Schreibweise ).

Da und dabei derselben Zahl zugeordnet werden können, ist die Polardarstellung zunächst nicht eindeutig. Deshalb schränkt man meist auf das Intervall , also ein, um anschließend statt vom Argument selbst von seinem Hauptwert für zu sprechen. Der Zahl indes ließe sich jedes beliebige Argument zuordnen, und zum Zweck einer eindeutigen Darstellung kann man es in diesem Fall tatsächlich auf 0 festlegen.

Das Argument von ist auch der Imaginärteil des komplexen natürlichen Logarithmus

Mit der Wahl eines auf ganz definierten Zweiges des Logarithmus ist also auch eine Argumentfunktion bestimmt (und umgekehrt).

Alle Werte bilden den Einheitskreis der komplexen Zahlen mit dem Betrag , diese Zahlen werden auch unimodular genannt und bilden die Kreisgruppe.

Dass die Multiplikation von komplexen Zahlen (außer der Null) Drehstreckungen entspricht, lässt sich mathematisch wie folgt ausdrücken: Die multiplikative Gruppe der komplexen Zahlen ohne die Null lässt sich als direktes Produkt der Gruppe der Drehungen, der Kreisgruppe, und der Streckungen um einen Faktor ungleich Null, der multiplikativen Gruppe auffassen. Erstere Gruppe lässt sich durch das Argument parametrisieren, zweitere entspricht gerade den Beträgen.

Komplexe Konjugation

Konjugation (Mathematik) - Artikel in der deutschen Wikipedia

Eine komplexe Zahl und die zu ihr konjugiert komplexe Zahl

Ändert man das Vorzeichen des Imaginärteils einer komplexen Zahl so erhält man die zu konjugiert komplexe Zahl (manchmal auch geschrieben).

Die Konjugation ist ein (involutorischer) Körperautomorphismus, da sie mit Addition und Multiplikation verträglich ist, d. h., für alle gilt

In der Polardarstellung hat die konjugiert komplexe Zahl bei unverändertem Betrag gerade den negativen Winkel von Man kann die Konjugation in der komplexen Zahlenebene also als die Spiegelung an der reellen Achse interpretieren. Insbesondere werden unter der Konjugation genau die reellen Zahlen auf sich selbst abgebildet.

Das Produkt aus einer komplexen Zahl und ihrer komplex Konjugierten ergibt das Quadrat ihres Betrages:

Die komplexen Zahlen bilden damit ein triviales Beispiel einer C*-Algebra.

Die Summe aus einer komplexen Zahl und ihrer komplex Konjugierten ergibt das 2-Fache ihres Realteils:

Die Differenz aus einer komplexen Zahl und ihrer komplex Konjugierten ergibt das -Fache ihres Imaginärteils:

Umrechnungsformeln

Von der algebraischen Form in die Polarform

Für in algebraischer Form ist

Für ist das Argument beliebig, wird aber häufig auf 0 gesetzt oder undefiniert gelassen. Für kann das Argument im Intervall mit Hilfe einer trigonometrischen Umkehrfunktion, bspw. mit Hilfe des Arkuskosinus

    für
für

ermittelt werden. Verfahren, die den Arkustangens verwenden, sind im Artikel Arkustangens und Arkuskotangens#Umrechnung ebener kartesischer Koordinaten in polare aufgeführt. Dazu gehört auch die in vielen Programmiersprachen und Tabellenkalkulationen zur Verfügung gestellte häufig mit dem Namen arctan2, aber auch atan2, bezeichnete Variante der Arkustangensfunktion, die beide Werte übergeben bekommt und das Ergebnis je nach Vorzeichen von und dem passenden Quadranten zuordnet.

Die Berechnung des Winkels im Intervall kann im Prinzip so durchgeführt werden, dass der Winkel zunächst wie vorstehend beschrieben im Intervall berechnet wird und dann um vergrößert wird, falls er negativ ist:

(siehe Polarkoordinaten).

Von der Polarform in die algebraische Form

Wie weiter oben stellt den Realteil und den Imaginärteil jener komplexen Zahl dar.

Arithmetische Operationen in der Polarform

Durch arithmetische Operationen sind folgende Operanden miteinander zu verknüpfen:

Bei der Multiplikation werden die Beträge und miteinander multipliziert und die zugehörigen Phasen bzw. addiert. Bei der Division wird der Betrag des Dividenden durch den Betrag des Divisors geteilt und die Phase des Divisors von der Phase des Dividenden subtrahiert. Für die Addition und die Subtraktion existiert auch eine, etwas kompliziertere, Formel:

Trigonometrische Form

Die Multiplikation von zwei komplexen Zahlen entspricht dem Addieren der Winkel und dem Multiplizieren der Beträge.
Die Division von zwei komplexen Zahlen entspricht dem Subtrahieren der Winkel und dem Dividieren der Beträge.
  • mit  

    und der arctan2-Funktion.

Exponentialform

  • mit und wie oben.

Siehe auch

Literatur

  • Paul Nahin: An imaginary tale. The story of . Princeton University Press, 1998.
  • Reinhold Remmert: Komplexe Zahlen. In D. Ebbinghaus u. a. (Hrsg.): Zahlen. Springer, 1983.

Weblinks

Commons: Komplexe Zahlen - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wikibooks: Imaginäre und komplexe Zahlen – Lern- und Lehrmaterialien
 Wikibooks: Komplexe Zahlen – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise

  1.  Eberhard Freitag, Rolf Busam: Funktionentheorie 1: Mit Lösungshinweisen zu 420 Übungsaufgaben. 4. Auflage. Springer, Berlin 2007, ISBN 978-3-540-31764-7.
  2. Bei Verwendung des Zeichens ist noch deutlicher gemacht, als es vielleicht bei Verwendung von wäre, dass bei jedem Vorkommen dieselbe Lösung von (dasselbe „Vorzeichen“) genommen werden muss. Dennoch bleiben alle algebraischen Aussagen gültig, wenn überall durch ersetzt wird.
  3.  Ehrhard Behrends: Analysis. 6. Auflage. 1, Springer Spektrum, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-07122-6, doi:10.1007/978-3-658-07123-3.

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