Aurea catena Homeri

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Aurea Catena Homeri, Leipzig 1738

Aurea catena Homeri. Das ist: Eine Beschreibung von dem Ursprung der Natur und natürlichen Dingen ist der Titel einer von Anton Josef Kirchweger 1723 in Leipzig herausgegeben deutschsprachige alchemistisch-hermetischen Schrift, die vor allem in pietistischen Kreisen viel gelesen wurde und auch unter dem Titel Annulus Platonis („Ring Platons“) bekannt ist. 1738, 1757 und 1781 folgten weitere deutsche Ausgaben, 1762 auch eine in Frankfurt verlegte lateinische Fassung. Die 1757 in Jena von Christian Heinrich Cuno verlegte Ausgabe vermehrte die Schrift um einen „ächten“ dritten Teil, der der Transmutation der Metalle bzw. dem Lapis philosophorum gewidmet ist. Ende des 18. Jahrhunderts übersetzte Sigismund Bacstrom Teile des Werks in die englische Sprache. Auszüge dieser Übersetzung wurden 1891 in der theosophischen Zeitschrift Lucifer veröffentlicht.

Goethe und die goldene Kette Homers

Die Figur Abyssi Duplicatae oder Des doppelt flüchtig und fixen Abgrundes aus der Aurea catena Homeri (1723), auf die Rudolf Steiner im nebenstehenden Text Bezug nimmt. Zur Erläuterung findet sich folgender Spruch:

Ein Abgrund den andern ruft heraus,
Sie machen zusammen einen harten Strauß:
Das Flüchtige ganz fix soll werden,
Wasser und Dampf sich kehren in Erden.
Der Himmel selbst muß irdisch sein,
Sonst kommt ins Erdreich kein Leben ein.
Das Oberste soll das Unterste sein,
Das Unterste wird das Oberste fein.
Das Fixe soll ganz flüchtig werden,
Ein Wasser und Dampf soll sein die Erden.
Die Erde muß höchst zum Himmel auffliegen,
Der Himmel ins Zentrum der Erde einkriechen.
So muß verkehrt sein Himmel und Erden,
Soll das Unterste zum Obersten werden.
Der flüchtige Drach den fixeren tötet,
Der fixe zum Tode den flüchtigen nötet.
Also muß offenbar kommen an Tag,
Die Quint-Essenz, und was sie vermag.

Der junge Goethe lernte die „Goldene Kette Homers“ durch Susanne von Klettenberg kennen, als er sich in Frankfurt von seiner schweren Erkrankung erholte, die er sich als Student in Leipzig zugezogen hatte. Er fand darin manche Anregungen für seine Faust-Dichtung.

„Da finden wir zum Beispiel den Studenten Goethe an der Leipziger Universität. Er soll eigentlich Jurist werden, aber das beschäftigt ihn nur untergeordnet. Ein unbesieglicher Drang nach den Geheimnissen der Welt, nach dem Geistigen, lebte schon dazumal in dem jungen Studenten. Deshalb tut er sich um in all dem, was Leipzig darbietet an Naturerkenntnis. Er sucht abzulauschen, was die Natur uns in ihren Erscheinungen zu sagen hat, abzulauschen der Welt die Rätsel ihres Daseins. Aber Goethe brauchte, um das, was die Naturwissenschaft ihm darbieten konnte, umzuprägen, umzuschmelzen in seiner Seele zu jenem alle Kraft seines Inneren durchlebenden und durchwebenden Drange, der nicht nach abstrakter Erkenntnis sucht, sondern nach warmer Herzenserkenntnis, ein großes Erlebnis, ein Erlebnis, das den Menschen wirklich zu jener Erkenntnis führt, die das Tor ist, zu dem wir ahnend hinschauen, das Tor, das zuschließt für den heutigen normalen Menschen das Unsichtbare, das Übersinnliche: das Tor des Todes. Der Tod ging am Ende seiner Leipziger Studentenzeit an ihm vorbei. Eine schwere Krankheit hatte ihn niedergeworfen, dem Tode nahegebracht. Stunden, Tage hatte er durchlebt, wo er sich sagen mußte, es könne jeden Augenblick jene geheimnisvolle Pforte durchschritten werden. Und der geheimnisvolle, ungestüme Drang des Erkennens erforderte höchsten Ernst des Erkenntnisstrebens. Mit der so ausgebildeten Erkenntnisstimmung kehrte Goethe in seine Vaterstadt Frankfurt zurück. Da fand er einen Kreis von Leuten, an deren Spitze eine Frau stand von großer, tiefer Begabung: Susanne von Klettenberg. Goethe hat ihr ein wundersames Denkmal gesetzt in den «Bekenntnissen einer schönen Seele». Er hat gezeigt, wie in der Persönlichkeit, der er dazumal geistig so nahegetreten ist, etwas lebte, was man nicht anders zu bezeichnen vermag als dadurch, daß man sagt: In Susanne von Klettenberg lebte eine Seele, welche suchte, das Göttliche in sich zu fassen, um durch das Göttliche in sich das die Welt durchlebende Geistige zu finden. - Goethe wurde dazumal eingeführt durch den Kreis, dem diese Dame angehörte, in Studien, die, wenn man sie heute als so recht moderner Mensch auf sich wirken läßt, einem verrückt erscheinen. Mittelalterliche Schriften waren es, in die sich Goethe hineinlebte. Derjenige, der sie heute in die Hand nimmt, kann nichts damit anfangen. Wenn man die merkwürdigen Zeichen sieht, die darin sind, fragt man sich: Was soll das gegenüber dem heutigen Wahrheitsstreben der Wissenschaft? - Da wirkte ein Buch: «Aurea catena Homeri», «Die goldene Kette des Homer». Wenn man es aufschlägt, findet man eine merkwürdige symbolische Abbildung: einen Drachen oben im Halbkreis, einen Drachen voller Leben, der angrenzt an einen andern Drachen, einen verdorrenden, in sich selber absterbenden Drachen. Allerlei Zeichen sind damit verknüpft: symbolische Schlüssel, zwei ineinander verschlungene Dreiecke und die Planetenzeichen. Das ist für unsere Zeitgenossen eine Phantasterei, gegenüber der heutigen Wissenschaft ist es eine Phantasterei, weil man nicht weiß, was man mit diesen Zeichen anfangen soll. Goethe spürt in seiner Ahnung, daß sie etwas ausdrücken, daß man etwas damit anfangen kann, wenn man sie betrachtet. Sie drücken nicht unmittelbar etwas aus, was man da oder dort finden kann in der Welt. Wenn man aber diese Zeichen auf sich wirken läßt, indem man sie sich so einprägt, daß man gleichsam taub und blind wird gegenüber seiner physischen Umgebung, nur diese Zeichen in sich wirken läßt, dann erlebt man etwas höchst Eigentümliches, dann erlebt man, daß die Seele in sich selber wie etwas verspürt, was früher geschlummert hat, wie ein geistiges Auge, das aufgeht. Und wenn man genügende Ausdauer hat, so ergreift man das, was man Meditation, Konzentration nennen kann, wodurch man seine Seele so zur Entwickelung bringt, daß man tatsächlich so etwas wie eine geistige Augenoperation durchmacht, durch die sich eine neue Welt erschließt. Für Goethe hat sich damals noch nicht eine neue Welt erschließen können, so weit war er noch nicht. Aber was in seiner Seele auflebte, war die Ahnung, daß es Schlüssel gibt für diese geistige Welt, daß man eindringen kann in diese geistige Welt. Diese Stimmung muß man sich vergegenwärtigen; die lebendige Empfindung, das lebendige Gefühl: da wird etwas in mir rege gemacht, wird etwas lebendig; es muß etwas geben, was in die geistige Welt hineinführt. Aber zu gleicher Zeit spürt er: er kann noch nicht hinein. Wäre Goethe jemals in seinem Leben identisch gewesen mit Faust, so würden wir sagen: Goethe war in derselben Lage, in der uns Faust entgegentritt im Anfang des ersten Teiles, da, wo Faust, nachdem er studiert hat die verschiedensten Gebiete menschlicher Wissenschaft, Bücher aufschlägt, worin solche Zeichen sind, und sich von einer geistigen Welt umgeben fühlt, aber nicht hinein kann in die geistige Welt. So fühlte sich Goethe niemals identisch mit diesem Faust: ein Teil von ihm war der Faust, er selber wuchs hinaus über das, was nur ein Teil von ihm selber war. Und so wuchs das, was in Goethe über den Faust hinausging, wuchs dadurch, daß er, keine Unbequemlichkeit scheuend, immer weiter und weiter strebte und sich sagte: Hinter die Geheimnisse des Daseins kommt man nicht im Sprung, nicht durch Beschwörungen und Formeln, sondern indem man Schritt für Schritt in geduldiger, energischer Erkenntnis das, was immer in der physischen Welt einem entgegentritt, nach und nach wirklich geistigseelisch durchdringt. - Es ist leicht zu sagen: Es muß aufgehen in der Seele, was eine höhere Erkenntnis ist. - Aufgehen muß diese höhere Erkenntnis in der Seele, aber sie geht in wahrer Gestalt erst dann auf, wenn wir in Geduld und Ausdauer bestrebt sind, von Stufe zu Stufe kennenzulernen die wirklichen Erscheinungen der physischen Welt und dann hinter diesen Erscheinungen der physischen Welt das Geistige zu suchen. Mit dem aber, was Goethe mitnahm aus seiner Frankfurter Zeit, konnte er alles andere zusammenfassen, konnte er alles in anderem Lichte sehen.“ (Lit.:GA 272, S. 22ff)

Inhalt

Erklärung der Aurea catena Homeri oder der güldenen Kette des Homeri.
Erklärung der Aurea catena Homeri (Fortsetzung)

Die Inhaltsangabe folgt der neuen, um den „ächten“ dritten Teil vermehrten Ausgabe, die 1857 bei Christian Heinrich Cuno in Jena verlegt wurde.

Der erste Theil - De Generatione rerum

Von der Zeugung und Geburt der natürlichen Dinge.

  1. Was die Natur sey. S. 1
  2. Woraus alles geboren worden und wie es entstanden. S. 2
  3. Wie alles geboren und produzieret worden. S. 6
  4. Auf was Weise der Universal-Same gezeuget und geboren worden. S. 11
  5. Wie das zertheikte und zertrennte chaotische hylealische Wasser regenerieret und zu einem Universal-general-Samen aller Dinge wird, welcher insgemein Anima feu Spriritus mundi heisset. S. 16.
  6. Von dem Himmel und seinem Einfluß. S. 20
  7. Von der Luft und ihrem Einfluß. S. 25
  8. Von dem Wasser und seinem Einfluß. S. 29
  9. Von der Erden und ihrem Ausfluß. S. 32
  10. Entdeckung des wahren Universal-Samens oder regenerirten Chaos, Spiritus feu Animae mundi, des berühmten Welt-Geistes. S. 45
  11. Daß das Nitrum und Sal in der Luft und in allen Dingen in der Welt seyn, klare Probe. S. 62
  12. Daß das Nitrum und Sal in allen Wassern und Erden zu finden seyn. S. 68
  13. Daß das Nitrum und Sal in den Animalien zu finden, und daß solche aus diesen beyden gemacht, auch wieder dahin resolviret werden. S. 69
  14. Daß das Nitrum und Sal in den Vegetabilien zu finden, und daß solche aus diesen beyden gemacht, auch wieder dahin resolviret werden. S. 72
  15. Daß das Nitrum und Sal in den Mineralien zu finden, und daß solche aus diesen beyden gemacht, auch wieder dahin resoviret werden. S. 75
  16. Von der Haupt-Pforten und Schlüssel der Natur, als ein Urheber aller Gebährung und Zerstörung der natürlichen Dinge, Putrefaction genannt. S. 84
  17. Was die Putrefactio eigentlich sey, und worinnen sie bestehe. S. 86
  18. Was durch die Puterfaction entstehet und zuwege gebracht wird. S.91
  19. Wie aus dem Volatili ein Acidum und aus dem Acido ein Alcali werde, und e contra, wie aus dem Alcasli ein Acidum, und aus diesem ein Volatile werde. S. 95
  20. Was das Universal- und Particular-Volatile, Acidum und Alcali sey. S. 122
  21. Was die Geburt der Animalien sey, und aus vor Principiis solche bestehen, und worein sie wieder resolviret werden. S. 126
  22. Was die Geburt der Vegetabilien sey, und aus was für Principiis solche bestehen, und worein sie wieder resolvieret werden. S. 134
  23. Was die Geburt der Mineralien sey, und aus was für Principiis solche bestehen, und worein sie wieder resolvieret werden. S. 171

Der andere Theil - De Generatione Rerum und Anatomin earum

Von der Zerstörung und Zerlegung der natürlichen Dinge.

  1. Wie die Natur die alterirte Principia chaotica hylealia in primum reducire, als da ist Nitrum und Sal, das ist, wie sie solche wiederum zu Dampf mache. S. 227
  2. Wie die Natur die Animalia zerstöre. S. 228
  3. Wie die Natur die Vegetabilia zerstöre. S. 230
  4. Wie die Natur die Mineralia zerstöre, corrumpire und alterire. S. 235
  5. De Anatomia feu Separatione & Conjunctione & Regeneratione Aquae Chaoticae in Quintam Essentiam. S. 248
  6. Was aus dem vorhergehenden langen Capitel endlich zu schliessen. S. 317
  7. Anatomia Animalium. S. 324
  8. Anatomia Vegetabilium. S. 341
  9. Anatomia Mineralium. S. 349
  10. Arbor Dulcificationis. S. 369
  11. & ult. Vom Alkahest, was er sey. S. 402

Der dritte Theil - De Transmutatione metallorum

Darinnen insbesondere vom Lapide philosophorum gehandelt wird.

  1. Was unsere Materia eigentlich sey, und wie die Ausziehung des Salis, Sulphuris & Mercurii geschehe. S. 409
  2. Von der Conjunction der Principiorum, als Salis, Sulphuris & Mercurii. S. 424
  3. Von dem andern Wege der Alten in der Nach-Arbeit. S. 427
  4. Von dem kurzen Wege der Alten in der Nach-Arbeit. S. 434
  5. Von der Tinctur auf weiß, in kurzem Wege. S. 438
  6. Von der Augmentation und Multiplication unsers dreyfachen Mercurii, auf unterschiedene Art. S. 444
  7. Von dem langen Wege der Alten. S. 447
  8. Von der geheimen Resolution unserer Materie. S. 460
  9. Von einer Tinctur auf weiß, aus einer andern Materie. S. 467
  10. Wie aus dem primordialischen Chaos das hylealische Salz kan gefunden werden. S. 475

Werkausgaben

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks